• Carry Falk, geb. am 11. Januar 1925 in Stuttgart
  • Isak Löw Falk, geb. am 29. Juni 1888 in Lehrensteinsfeld
  • Johanna Falk, geb. Ebstein am 8. Juni 1897 in Stuttgart

Die Familie war vom November 1941 bis August 1942 in Weißenstein interniert. Sie wurde am 29. Januar 1943 vom KZ Ghetto Theresienstadt ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Ebstein – Johannas Falks Herkunftsfamilie

Samuel Ebstein, Johannas Vater, stammte aus dem ehemaligen Oberschlesien und zwar aus Dammratschhammer (Domaradz), Kreis Oppeln, wo er im April 1855 geboren wurde. Wahrscheinlich zog seine Familie später aus der Kleinstadt nach Breslau. Im Adressbuch von 1877 ist Samuel Ebstein zum ersten Mal in Stuttgart verzeichnet und zwar gleich mit einer Geschäftsadresse: ‚Herren- und Knabenkleidermagazin Hirschstr.14‘. Vermutlich hatte Samuel Ebstein, damals erst 22 Jahr alt, schon vorher an einem anderen Ort gearbeitet und ein gewisses Kapital angespart, das er in das eigene Geschäft, immerhin in einer sehr guten Lage, investieren konnte. Im engeren Sinn handelt es sich damals nicht mehr um die florierende ‚Gründerzeit‘, aber Samuel muss ein ökonomisch günstiges Umfeld gefunden haben.Die Ladenlokale wechselten in den kommenden Jahrzehnten, befanden sich aber durchgehend in der Hirschstraße. Die Angaben in späteren Adressbüchern weisen darauf hin, dass Samuel Ebstein in der Hirschstraße Hauseigentum erwerben konnte.

Als er am 7. Juli 1881 in Schmieheim heiratete, war er wohl ein ‚gemachter Mann‘. Die Frau, die ihn gewählt hatte, war die 1857 in Schmieheim geborene Karoline (Carolina) Bernheimer. Nach einer ‚anständigen‘ Frist von gut 10 Monaten wurde im April 1882 die Tochter Lina geboren. Weitere sieben Kinder folgten, das letzte war Johanna, die am 8. Juni 1897 in Stuttgart zur Welt kam. Beim bürgerlichen Stand der Familie kann vermutet werden, dass die Geschwister Ebstein eine gute Ausbildung erhielten, im Fall von Johanna ist allerdings keine Qualifikation bekannt.

Die Familiengeschichte hatte nicht nur glückliche Seiten: Zumindest ein Geschwister, Johannas älterer Bruder Fritz, war 1894 als Zweieinhalbjähriger gestorben, das Schicksal eines weiteren Bruders ist ungeklärt. Diese Einschnitte hatte Johanna nicht selbst erlebt, eine Katastrophe dürfte ihr der Tod ihrer Mutter im Jahr 1905 bedeutet haben. Nach einem Trauerjahr, im Juli 1906, heiratete Samuel Ebstein die 16 Jahre jüngere Jettel (Henriette) Ebstein – deren Geburtsname und die Herkunft aus Schlesien vermuten lassen, dass sie eine entfernte Verwandte war. In der zweiten Ehe Samuel Ebsteins wurden drei Kinder geboren, zwei überlebten die Kindheit. Etwa 1920 begann Samuel Ebstein sich aus dem Berufsleben zurückzuziehen; in seinem 1887 geborenen Sohn Ludwig hatte er einen Teilhaber und Nachfolger im Geschäft gefunden.

Werbung Ebstein 1929/30 (Quelle: Joachim Hahn, Pragfriedhof, Israelitischer Teil)

Johanna Ebstein und Isak Falk werden ein Paar …

Isak Löw Falk, auch ‚Isaak‘ (seinen zweiten Vornamen ‚Löw‘ benutzte er bei der Unterzeichnung von Dokumenten nicht), stammte aus dem kleinen Ort Lehrensteinsfeld im Kreis Heilbronn, einer Kleinstadt in der Tradition des süddeutschen Landjudentums; sein gleichnamiger Vater war dort als ‚Handelsmann‘ tätig, seine Mutter war Babette, geb. Juda. Etwa im Jahr 1899 wurde Isak zum Waisenkind, er kam in ‚Pension‘ bei der Familie Jakob in Bodersweier.

Nach dem Tod Isaks Eltern übernahm Marx Falk, vermutlich ein Verwandter, die Vormundschaft für ihn. Immerhin hatten ihm die Eltern ein kleines Erbe hinterlassen, mit dem er ins Leben starten konnte. In den Jahren vor 1909 muss sich Isak Falk in Straßburg / Elsass aufgehalten haben, wahrscheinlich absolvierte er dort seine Kaufmannslehre. Im Jahr 1909 wurde er volljährig und die bisherige Vormundschaft erlosch.

Zur gleichen Zeit diente er als Musketier in der 2. Kompanie des 87. Nassauischem Infantrieregiments, das in Mainz stationiert war. Angehörige dieses Regiments wurden zur brutalen Niederschlagung des Herero / Nama – Aufstands in Deutsch-Südwestafrika herbeigezogen. Auch wenn Isak Falk aufgrund seines Alters sehr wahrscheinlich nicht unter den Teilnehmenden war, dürfte die jüngste Kriegs-Vergangenheit der Kompanie auch für ihn ein Thema gewesen sein.

Die folgenden Lebensjahre ließen sich nicht dokumentieren. Vermutlich verließ Isak Falk nach Ende des ersten Weltkriegs Straßburg, das wieder zur französischen Nation gehörte und wo er (als noch nicht Volljähriger) offiziell nie gemeldet war. Dazu passt, dass Isak Falk nach eigener Angabe seit 1919 in Stuttgart lebte. Im Adressbuch 1920 findet sich der Eintrag: ‚Falk u. Co. Schuhriemenkonfektion u. Anschlägerei. Teilh. Isak Falk u. Max Thalheimer, Olgastr 47 Eg‘ sowie Isak Falks Privatadresse Neckarstr. 105.

Auch Max Tahlheimers Aufenthalt in Stuttgart lässt sich erst mit dem Adressbuch von 1920 nachweisen. Die geschäftliche Teilhaberschaft mit Max Thalheimer hatte auch private Folgen für Isak Falk: Max hatte nämlich am 29. Dezember 1920 Dora Ebstein geehelicht: Jene 1895 geborene Dora war Johannas nächstältere Schwester! Früher oder später muss es auch zwischen Isak Falk und Johanna Ebstein ‚gefunkt‘ haben, sie heirateten am 11. Mai 1922 in Stuttgart

… und gründen eine Familie,

denn am 10. Juni 1923 kam in Stuttgart der Sohn Fritz zur Welt, am 11. Januar 1925 wurde ihre Tochter Carry (Kurzform für Caroline) geboren.

Die Familie wechselte öfters ihre Wohnung: Auf die Neckarstr. 105 folgte 1923 die Langestr. 59, 1925 die Landhausstr. 59, wo die Falks bis 1927 wohnen blieben. Von 1928 bis 1932 (Adressbuch-Einträge) wohnten sie in der Urbanstr. 29, 1933 und 1934 in der Urbanstr. 82. Letztere Adresse dürfte der letzte ‚freiwillig gewählte Wohnsitz‘ der Familie Falk gewesen sein; ab 1935 sind ihre Vermieter jüdischer Herkunft – ein Indiz, dass die Falks aus Wohnungen verdrängt wurden, die Nichtjuden gehörten. (Entsprechende NS – Verordnungen datieren allerdings erst aus dem Jahr 1939). Die letzte Stuttgarter Wohnadresse (1935 – 1938) ist die Uhlandstr. 14 A, wo die Familie im 3. Stock wohnte. Hauseigentümer waren: ‚Oppenheimer S. Erben‘.

Die wirtschaftlichen Unternehmen der Falks

Die Firma Falk u.Co, die zunächst eine ‚Schuhriemenkonfektion und Anschlägerei’ im Sortiment hatte, wechselte die Bezeichnung 1922 in ‚Schuhnestelfabrik‘. Damit verbunden war auch eine neue Geschäftsadresse in der Untertürkheimerstr. 23 in Stuttgart-Wangen. Hatte die Firma neben einem Vertrieb auch eine Produktion aufgenommen? Schon ein Jahr später findet sich eine neue Geschäftsadresse in der Weberstr. 3. 1925 erfolgt ein weiterer Neubeginn: Die Fa. Falk u. Co. wurde jetzt zur ‚Frottierwarengroßhandlung‘ an der gleichen Adresse. Zwei Jahre später heißt die Firma zwar immer noch ‚Falk u. Co‘, als Inhaber wird aber nur noch Isak Falk genannt. Auch das Sortiment hatte sich gewandelt; Isak Falk führte jetzt ein ‚Textilwarengeschäft‘ in der Landhausstr. 59. Danach kommt Kontinuität in den Geschäftsbetrieb, denn in den Adressbüchern von 1928 bis 1931 führt Isak, sehr wahrscheinlich unterstützt von Johanna, das Textilwarengeschäft, allerdings unter der Adresse Urbanstraße 29, die auch die Wohnadresse der Familie ist. Der frühere Teilhaber Max Thalheimer war auch privat zum letzten Mal im Jahr 1927 in Stuttgart verzeichnet, denn die Familie Thalheimer zog nach Tübingen. Max Thalheimer wurde Verkaufsleiter bei der württembergischen Frottierweberei in Tübingen-Lustnau.

Dora Thalheimer, geb. Ebstein mit ihren Kindern. (Quelle: Stadtarchiv Tübingen)

Zehn sehr wechselhafte Jahre kennzeichnen Isak Falks Unternehmertätigkeit, was freilich vor dem krisenreichen Hintergrund in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zu verstehen ist. Im Jahr 1932 suchen sich Isak und Johanna eine neues Betätigungsfeld, das länger Bestand haben sollte – trotz der bald folgenden Boykott-Aufrufe und -Aktionen der Nazis gegenüber ‚jüdischen‘ Geschäften: Isak und Johanna richten in der Ulrichstr. 1 im Erdgeschoss eine Wäscherei ein, die bis 1938 dort zu finden war. Die Wäscherei wurde 1939 in die Rote Str. 39 verlegt, auch hier, wie bei der Privatadresse, kann man das als Folge der NS-Verordnungen verstehen. In späteren Dokumenten wird Johanna Falk als ‚Wäscherin‘ bezeichnet, Isak als ‚Wascher‘.

Unter dem Druck der Nazi-Herrschaft: Die Familie zerfällt

In der Pogromnacht vom 9. zum 10. November 1938 entging Isak Falk anscheinend einer Verhaftung, allerdings werden die Falks nach der Pogromnacht ihren Wäschereibetrieb aufgegeben haben. Anfang Dezember 1938 ergeht die Verordnung über die Zwangsveräußerung ‚jüdischer‘ Gewerbebetriebe, Geschäfte usw. Die jüdischen Eigentümer erhalten fast immer nur einen Verkaufserlös unter Wert, zudem muss der Erlös auf ein Sperrkonto eingezahlt werden.

Ein weiterer NS-Erlass, nämlich der vom 15. November 1938 betraf die Kinder der Familie Falk: Alle ‚jüdischen‘ Schulkinder mussten die öffentlichen Schulen verlassen und wechselten gezwungenermaßen auf schulische Einrichtungen jüdischer Träger. In Stuttgart existierte schon seit April 1935 eine jüdische allgemeinbildende Schule, es gibt aber keinen Hinweis, dass Fritz oder Carry Falk diese besuchten. Carry ging erwiesenermaßen aber im Jahr 1939 auf das Esslinger jüdische Internat ‚Wilhelmspflege‘, das als Waisenhaus gegründet worden war. Diese Einrichtung, ihre SchülerInnen und LehrerInnen waren in der Pogromnacht von einem Nazi-Pöbel überfallen worden, konnte erst Februar 1939 wieder eröffnet werden. Carrys Aufenthalt kann aber nur bis Ende August 1939 gedauert haben, dann erzwang die NS-Verwaltung das endgültige Aus für diese traditionsreiche jüdische Schule. Wo Carry bis zur Rückkehr ihrer Eltern nach Stuttgart im November 1940 gewohnt hat, muss offenbleiben.

Esslingen, Wilhelmspflege

Fritz hatte Stuttgart schon Anfang April 1938 verlassen: Er zog nach Ahlem bei Hannover und wurde Schüler an der ebenfalls traditionsreiche jüdischen Gartenbauschule. Seit 1933 war es das vorrangige Ziel der Schule, die Schülerinnen und Schüler für eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten. Fritz verließ die Schule Ende März 1941, kehrte nach Stuttgart zurück, wohnte aber nicht bei seinen Eltern. Seine Abmelde – Adresse, die in Ahlem festgehalten wurde, war die Stuttgarter Werfmershalde 12, im Jahr 1941 ein ‚Judenhaus‘, das auch zum Ort des Widerstands wurde. Was den zwangseingewiesenen Menschen zugemutet wurde, zeigt ein Vergleich der Mietpartien in den Adressbüchern 1940 und 1941. Im ersten Jahr waren einschließlich des Hauseigentümers vier Wohnpartien gemeldet, im Folgejahr waren es 14 Adresse: Wobei jeweils nur der ‚Haushaltvorstand‘ registriert wurde! Dass Fritz gerade in diese ‚Judenhaus‘ zog, dürfte den Grund haben, dass dort Verwandtschaft wohnte: Sein Großvater Samuel Ebstein hatte mit seiner zweiten Frau Henriette bis 1940 noch unter angenehmen Bedingungen in der Hoferstr. 10 wohnen können, im Adressbuch von 1941 erscheint sein Name in der Werfmershalde 12. In diesem tristen Umfeld starb Samuel Ebstein 86 – jährig am 2. Oktober 1941. Ebenfalls zur Verwandtschaft im Haus gehörte das Ehepaar Guggenheim. Alexandrine Guggenheim, geb. Ebstein war eine Halbschwester von Johanna Falk. Die 29 – jährige war mit Ferdinand Guggenheim verheiratet und erwartete gerade ihr erstes Kind: Ury Guggenheim wurde am 24. September 1941, also wenige Tage vor dem Tod seines Großvaters in das Elend der Werfmershalde geboren.

Johanna und Isak Falk als Verwalter und Hausmeister

Dass Carry Falk ab Anfang 1939 das Internat ‚Wilhelmspflege‘ besuchte, hatte auch damit zu tun, dass sich ihre Eltern eine neue Tätigkeit suchen mussten. Sie fanden sie in Sontheim bei Heilbronn, wo 1895 das ‚Israelitische Asyl für alleinstehende Männer und Frauen‘ gegründet worden war, ein neues Gebäude wurde 1907 eingeweiht und nach dem damaligen Württembergischen König ‚Wilhelmspflege‘ benannt. Zunächst eine komfortable Einrichtung mit guter Betreuung für die BewohnerInnen, wurden die Betreiber in der NS – Zeit gezwungen, immer mehr alte jüdische Menschen aufzunehmen. Ein Auszug aus der Sontheimer Lohnsteuerkartei zeigt, dass Isak ‚Israel‘ Falk und Johanna ‚Sara‘ Falk am 14. April 1939 von Stuttgart nach Sontheim, Raiffeisenstr. 13 zugezogen waren. Als Beruf wird für Isak Falk ‚Wascher‘ genannt. Da weder Johanna noch Isak das Rentenalter erreicht hatten, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie im Sontheimer Altenheim in der Hausverwaltung tätig werden konnten. Ihre beruflichen Erfahrungen als langjährige Betreiber einer Wäscherei dürfte ihnen dazu verholfen haben. Der Aufenthalt in Sontheim dauert bis zum 23. November 1940. Zu diesem Zeitpunkt wurde das jüdische Altenheim auf Weisung der NS – Behörden geschlossen und die BewohnerInnen auf ihre Heimatgemeinden verwiesen. Zwar wird Isak Falk in den Stuttgarter Adressbüchern von 1940 und 41 nicht erwähnt, doch gibt es einen Hinweis darauf, dass Carry, Johanna und Isak Falk wieder in der Uhlandstr.14 A unterkommen konnten. Wovon lebte die Familie nachdem sie nach Stuttgart zurückgekehrt war? Nach einem ungeklärten Jahr in Stuttgart ergab sich Ende 1941 für die Falks wieder eine Möglichkeit, beruflich tätig zu werden, anknüpfend an ihre Tätigkeit im Sontheimer Altenheim: Johanna und Isak Falk wurden als Verwalter und Hausmeister für das neu eingerichtete Jüdische Zwangswohnheim im Schloss Weißenstein / Landkreis Göppingen berufen und ihre 16-jährige Tochter Carry ‚durfte‘ sie begleiten, wahrscheinlich mit der Maßgabe, selbst mitzuarbeiten.

Der Aufenthalt im Schloss Weißenstein

Vermutlich war es der 1. November 1941, als die erste Gruppe von 44 Jüdinnen und Juden im Schloss Weißenstein einquartiert wurde. Zweiundvierzig von ihnen kamen aus Stuttgart, darunter auch Carry, Johanna und Isak Falk, die ihre bisherige Wohnung in der Uhlandstr. 14 verlassen mussten. Das Ehepaar Falk hatte jedoch einen anderen Status als die übrigen Neuankömmlinge:

Als nach Kriegsende die Geschichte des Zwangswohnheims rekonstruiert wurde, schrieb das Kommissariat Göppingen der Württembergischen Landespolizei am 12.11.1948 an die Staatsanwaltschaft Ulm im Schreibstil der jüngsten Vergangenheit:

„Lediglich der Jude Falk und dessen Frau, welcher als Hausmeister und Vertrauensmann zu den Behörden galt, durften sich frei bewegen. Ihm oblag auch die gesamte Fürsorge für die dortigen Juden. Dieser beschaffte die Bezugsnachweise bei den Aemtern für Lebensmittel usw. , während seine Frau mit jeweiligen Arbeitskräften von Juden in eigener Küche für die Mahlzeiten sorgte.“

Im Brief von Sofie Kroner vom 14.11.1941, der an ihre Tochter Nelly in den USA gerichtet war, wurde Johanna Falk als die maßgebliche Person ‚im Haus‘ erwähnt.

Johanna Falk (Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg)

Johanna muss den ‚richtigen Ton‘ gefunden haben, den BewohnerInnen das Leben leichter erscheinen zu lassen. So freute sich Sofie Kroner: “ Ich habe mir mein Eckchen schon recht nett eingerichtet, wie die Leiterin Frau Falk – früher Wäscherei Stuttgart, mich eben sehr lobte.“ 16 von 60 BewohnerInnen des Schlosses, die Familie Falk eingerechnet, verblieben im Zwangswohnheim während der ganzen Zeitspanne seines Bestehens. Es ist anzunehmen, dass die Familie Falk für diese 13 Menschen mehr wurde als ein Team, das für (möglichst) gute Versorgung einstand. Umgekehrt dürfte die Familie Falk ein Gefühl der Verantwortung entwickelt haben, so gegenüber den viele Betagten in dieser Gruppe. Ihre Hilflosigkeit wird die Familie Falk angesichts der Deportationen nach Riga 1941 und Izbica April 1942 erfahren haben. Von keinem der insgesamt 27 deportierten Menschen kam je wieder ein Lebenszeichen zu den verbliebenen Schlossinsassen. Am 20. August 1942 wurde das Schloss geräumt, die Familie Falk sowie de anderen Insassen wurden zunächst in das Sammellager auf dem Killesberg in Stuttgart verbracht. Am 22. August fuhr der ‚Reichsbahn – Sonderzug‘ von Stuttgart nach Bauschowitz, der dem KZ Theresienstadt nächst gelegenen Bahnstation. Carry, Johanna und Isak Falk lebten bis zum 29. Januar 1943 im KZ – Ghetto Theresienstadt, an jenem Tag wurden sie in das Vernichtungslager Auschwitz verbracht und dort von den deutschen Nazis ermordet. Carry Falk hatte wenige Tage zuvor ihren 18. Geburtstag begangen.

Opfer in der Verwandtschaft

Zur eigentlichen Familie gehörte natürlich Fritz Falk, der 1941 nach Stuttgart zurück gekehrt war. Konnte er seine Eltern und seine Schwester noch einmal in Weißenstein besuchen? Wo lebte er bis zu seiner Deportation am 26. April 1942 ins Ghetto Izbica? Dem Stuttgarter Adressbuch von 1942 ist zu entnehmen, dass alle jüdischen BewohnerInnen das ‚Judenhaus‘ Werfmershalde 12 hatten verlassen müssen. Das traf neben Fritz auch auf die junge Familie Guggenheim zu. Dabei handelte es sich um Johannas Halbschwester Alexandrine, geb. Ebstein, deren Ehemann Ferdinand und den kleine Sohn Ury. Die junge Familie wurde ebenfalls nach Izbica verbracht und im Anschluss in einem der Vernichtungslager ermordet, das an einer der abgehenden Bahnstrecken liegt. Fritz’ Cousin Ury Guggenheim war zu diesem Zeitpunkt gerade 7 Monate alt. Für die Familie Guggenheim liegen seit 2009 Stolpersteine in der Pfalzstr. 36 in Stuttgart – Bad Cannstatt. Urys Großmutter Henriette (Jettel) Ebstein, die ebenfalls in der Werfmershalde eingesperrt gewesen war, wurde am 22. August 1942 von Stuttgart ins KZ Theresienstadt verbracht. Mit großem Glück überlebte Johannas Stiefmutter das KZ. Konnte sich Johanna in Theresienstadt um ihre Stiefmutter kümmern?

Aus Johannas Geschwisterreihe fiel neben Alexandrine Guggenheim auch ihre älteste Schwester Lina, die ihren Cousin Julius Ebstein geheiratet hatte, dem Judenhass der Nazi – Deutschen zum Opfer. Lina Ebstein, geb. 1882 lebte als Witwe in Pforzheim und wurden schon im Oktober 1940 ins Lager Gurs / Südwestfrankreich abgeschoben.

Lina Ebstein (Quelle: Yad Vashem)

Vom Sammellager Drancy bei Paris wurde sie im August 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Als Erinnerung an sie wurde 2012 in Pforzheim ein Stolperstein verlegt.

(25.09.2022 kmr)