Obwohl Gunter Demnig schon seit dem Jahr 2000 regelmäßig Stolpersteine verlegte, dauerte es bis in den Oktober 2005, dass auch im Landkreis Göppingen der erste Stolperstein gesetzt wurde. Pia Hellweg, damals Gymnasiastin in Göppingen recherchierte, unterstützt durch ihre Geschichtslehrerin, das Schicksal von Albert Schuler, der aufgrund seiner politischen Gegnerschaft vom NS-Regime ermordet wurde. Die positive Resonanz auf die erste Verlegung motivierte Klaus Maier-Rubner, der schon früher mit lokalhistorischen Aspekten befasst war, sich für das Projekt Stolpersteine zu engagieren. In Claudia Liebenau-Mayer, die über jüdische Frauen-Schicksale in der NS-Zeit geforscht und publiziert hatte, fand er eine kompetente Mitstreiterin. Unterstützt von ehrenamtlich arbeitenden Bürgerinnen und Bürgern wurden weitere Schicksale erforscht, mit dem Ergebnis, dass Gunter Demnig im Februar 2017 sieben Stolpersteine in Göppingen verlegen konnte.

In der ersten Phase orientierte sich die spätere Initiative Stolpersteine e.V. weitgehend an vorliegenden Veröffentlichungen aus dem Göppinger Stadtarchiv, dessen damaliger Leiter Dr. Karl-Heinz Rueß Grundlagenarbeit geleistet hatte. Gleichzeitig zur Göppinger Initiative regte der Eislinger Stadtrat Peter Ritz an, für die jüdische Familie Plawner in Eislingen Stolpersteine zu verlegen, was ebenfalls im April 2007 realisiert wurde. Einige Monate später, im Februar 2008, kamen auch in Süßen Stolpersteine hinzu. Hier ging die Initiative vom damaligen Bürgermeister Martin Bauch aus, der noch mit Nachkommen der vertriebenen jüdischen Familien in Kontakt stand.

In Göppingen konnte die Initiative Stolpersteine für das nächste Jahrzehnt jährlich zu Stolperstein-Verlegungen einladen; oft gelang es, vorab mit Nachfahren in Verbindung zu treten und sie zur Verlegung einzuladen. Unabhängig von der Initiative Stolpersteine Göppingen wurden in Ebersbach 2018 Stolpersteine für die zeitweilig untergetauchte Familie Neumann gelegt, der Impuls dazu ging vom Ebersbacher Stadtarchiv aus.

In den weiteren Jahren begannen Mitarbeiter der Initiative Stolpersteine Göppingen, sich auch mit dem Schicksal von Verfolgten zu beschäftigen, die aus anderen Gemeinden des Landkreises stammten. Als Folge wurden weitere Stolpersteine in Süßen, Eislingen und Wäschenbeuren verlegt. Mitglieder der Göppinger Initiative halfen auch bei der Recherche zum Zwangswohnheim Schloss Weißenstein/Lauterstein, sowie bei Recherchen für Stuttgarter Stolpersteine.

Schon seit langem ist es möglich, Stolperstein-Biografien aus dem Landkreis in Deutsch oder Englisch auf der Website der Göppinger Initiative zu lesen. Im Jahr 2018 erschien das zweisprachig ausgeführte Buch zu den bis dahin in Göppinger verlegten Stolpersteinen. Während anfangs ausschließlich für Ermordete Stolpersteine gelegt wurden, sollten in den Folgejahren auch Familienmitglieder berücksichtigt werden, denen die Flucht gelang. Mit einer Ausnahme wurden die Gedenksteine vor dem letzten freiwillig gewählten Wohnsitz verlegt.

Die Initiative Stolpersteine versucht, allen Opfergruppen gerecht zu werden. So liegen Im Landkreis Göppingen inzwischen 116 Stolpersteine für Menschen, die nach den Kriterien der Nazis als Juden galten, dazu zwei für deren nichtjüdische Ehepartner. Zwei Steine erinnern an politische Gegner, vier Steine wurden für eine ermordete Sinti-Familie gesetzt, einer für einen Menschen, der den Nazis als sozial unerwünscht galt. Mit vier Steinen wird an Menschen gedacht, die als psychisch Erkrankte ermordet wurden – zwei von ihnen hatten zudem einen jüdischen Familienhintergrund. Ein Stolperstein ist einem jungem Mann gewidmet, der aufgrund seiner sexuellen Orientierung ermordet wurde. Insgesamt liegen im Landkreis Göppingen 128 Stolpersteine. Hinzu kommt die 2018 in Geislingen eingesetzte ‚Stolperschwelle‘, mit der an die jüdischen Zwangsarbeiterinnen erinnert wird, die im KZ-Außenlager interniert waren und bei der Firma WMF arbeiten mussten. Die Recherche dazu ist der Historikerin Sybille Eberhardt zu verdanken.

(Oktober 2023 kmr)