- Dr. med. Max Hommel (1867-1943)
Geboren am 5. Januar 1867 in Thalmässing/Bayern
Ermordet im Konzentrationslager Ghetto Theresienstadt
am 19. Januar 1943
Interniert in Weißenstein im November 1941 - Esther Hommel, geb. Marx (1875-1940)
- Dr. jur. Justus Hommel (1897-1984)



Max Hommels Herkunft, seine Jugend- und Studienjahre
Die Familien Hommel/Dachauer in Thalmässing
Als Max Hommel in Thalmässing, heute Landkreis Roth/Bayerisch Mittelfranken zur Welt kam, betrug der jüdische Bevölkerungsanteil im Ort 17 %, das waren 202 Personen. Hier gab es eine Synagoge, einen jüdischen Friedhof sowie eine jüdische Religions- und Elementarschule, an der sein Vater Samuel Löw (Löb) Hommel seit 1864 unterrichtete.

(Quelle: Bildersammlung Helmut Minderlein, Thalmässing)
Samuel Hommel stammte aus Gersfeld/Hessen und war nach Thalmässing gezogen, woher seine Frau Klara, geb. Dachauer stammte, deren Familie bei der örtlichen israelitischen Gemeinde angestellt war. Zwischen 1866 und 1878 kamen die acht Kinder des Ehepaars zur Welt, Max als zweites am 5. Januar 1867. Samuel Löw Hommel sollte 48 Jahre am Ort unterrichten und als er im Jahr 1906 in den Ruhestand trat, wurde er feierlich verabschiedet und zum Ehrenbürger der Marktgemeinde erklärt. Der geehrte Lehrer starb 1912 in Nürnberg, seine Frau Klara zwei Jahre nach ihm in Bad Mergentheim, wo ihre Tochter Recha Strauss, geb. Hommel wohnte. Beide Ehepartner wurden in Nürnberg begraben. Posthum wurde Samuel Hommel mit dem bayerischen Orden ‚Luitpoldkreuz‘ ausgezeichnet.
Schulbesuch, Studium und Militärdienst
Max Hommel wird ein begabter Schüler gewesen sein, so dass er als einziger unter seinen Geschwistern ein Gymnasium besuchen durfte. Ende 1892 verfasste er einen Lebenslauf, der seine Kindheit und Jugend umfasst und auch die Jahre seines aktiven Militärdiensts einbezieht:
Curriculum vitae
Ich, Max Hommel, wurde am 5. Januar 1867 zu Thalmässing, k. (k. = königliches, Anm. d. Verf.) Bezirksamt Hilpoltstein, im Regierungsbezirk Mittelfranken in Bayern geboren und gehöre der israelitischen Glaubensbekenntnisse an. Meine Eltern, Samuel Hommel und dessen Ehefrau Klara, geborene Dachauer, wohnen in Thalmässing, woselbst mein Vater das Amt eines Volksschullehrers bekleidet. Ich lebe in geregelten Vermögensverhältnissen, besuchte bis zu meinem zehnten Lebensjahr die israelitische Volksschule meines Heimatortes und wurde im Herbste 1877 in die Studienanstalt zu Eichstätt (das Gabrieli-Gymnasium, Anm. d. Verf.) aufgenommen, woselbst ich neun Jahre unterrichtet wurde und im August 1886 meine humanistischen Gymnasialstudien durch die Absolutorialprüfung beschloß. Im November desselben Jahres bezog ich behufs Studiums der Medizin die Universität Würzburg, hörte dort vier Semester lang anatomische, physiologische und naturwissenschaftliche Vorlesungen und legte ebendortselbst im August 1888 das Tentamen physicum ab. Am 1. Oktober gleichen Jahres trat ich als Einjährig-Freiwilliger im K. (= königlichen, Anm. d. Verf.) 3. Jägerbataillon ein und wurde am 1. April 1889 als Lazaretgehilfe der Reserve entlassen. Vom Mai 1889 ab setzte ich meine medizinischen Studien an der Münchener Hochschule fort. Ich gehörte derselben drei Semester an, siedelte im Herbste 1890 wieder nach Würzburg über und bestand an der dortigen Universität am 27 November 1891 mit dem Prädikat „genügend“ mein Approbationsexamen. Am 10. Februar 1892 erlangte ich an der medizinischen Fakultät Würzburg auf Grund meiner Dissertation „Hypertrophische Leberzirrhose“ den Doktorgrad in der Medizin, Chirurgie und Geburtshilfe. Am 15. Februar 1892 trat ich als einjährig-freiwilliger Arzt im K. 11. Infanterie-Regimente ein, um der zweiten Hälfte meiner aktiven Dienstzeit zu genügen, und seit 16. August leiste ich bei ebendemselben Regimente eine freiwillige, sechswöchentliche Dienstzeit als Unterarzt der Reserve ab. Was meine Gesundheitsverhältnisse anbelangt, bin ich von mittelgroßer (Max Hommel war 1,64 m groß – Anm. d. Verf.) und mittelkräftiger Statur, habe niemals ernstere Erkrankungen durchgemacht und erfreue mich der besten Gesundheit.
Regensburg, 26. September 1892
Dr. Max Hommel
Unterarzt der Reserve
Erste Berufspraxis in Wertingen und Ichenhausen
Kurz nach dem Ende seines aktiven Militärdiensts ließ sich Dr. Max Hommel in Wertingen/Bayerisch Schwaben nieder und eröffnete am 10. November 1892 im Haus des Metzgermeisters Gerstmeir seine Praxis.

(Quelle: Stadtarchiv Wertingen)
In Wertingen gab es schon seit langem keine jüdische Einwohnerschaft mehr; Justus Hommel war im 19. Jahrhundert der erste und einzige Jude, der dort siedelte.

Schon nach knapp drei Jahren, zum 8. Mai 1895, sagte er, ebenfalls in einer Zeitungsanzeige dokumentiert, „ Allen werthen Freunden und Gönnern …‘Lebewohl!‘“ und kündigte seine Übersiedlung in das etwa 50 km entfernte Ichenhausen an. Was ihn zum Umzug bewog, konnte nicht ermittelt werden. Die kleine Stadt Ichenhausen in Bayerisch Schwaben/Landkreis Günzburg war im Unterschied zu Wertingen – aber vergleichbar mit Thalmässing – seit langem die Heimat einer jüdischen Gemeinde. Der jüdische Bevölkerungsanteil in Ichenhausen war aber deutlich größer als der in Thalmässing; so betrug er im Jahr 1890 etwa 27 % der Bevölkerung. Schon vom Beginn seiner Tätigkeit an ist ein Vertrag zwischen Dr. Hommel, der bürgerlichen Gemeinde und dem ‚Armenpflegschaftsrat‘ überliefert. Dr. Hommel verpflichtete sich, Dienstboten und Arme jüdischer Konfession (kostenfrei) zu behandeln.
Max und Esther gründen eine Familie
In seiner Zeit in Ichenhausen traf Max Hommel eine wichtige Entscheidung: Am 7. Oktober 1896 heiratete er die acht Jahre jüngere Esther Marx. Sowohl die standesamtliche Trauung als auch die Segnung in der Synagoge fanden aber in Neu-Ulm statt. Trauzeugen waren Esthers Vater Hirsch Marx sowie der Kaufmann Nathan Gerstle, der aus Ichenhausen stammte und in Neu-Ulm wohnhaft war. Zehn Monate nach der Eheschließung konnte sich das junge Paar über sein erstes Kind freuen: Am 8. August 1897 kam ihr Sohn Justus in Ichenhausen auf die Welt, der Vorname erinnert an Max’ jüngsten Bruder, der als Kaufmann in Nürnberg lebte. Als Sohn Justus das Schulalter erreichte, besuchte er die die örtliche Grundschule-
Esther Marx aus Freudental
Esther Marx kam am 14. Juli 1875 in der kleinen württembergischen Stadt Freudental (damals: Freudenthal) zur Welt, ihre Eltern waren der Lederhändler Hirsch Marx und Klara, geb. Strauß, die aus Berlichingen stammte. Esther hatte zwei ältere und zwei jüngere Geschwister. 1877, wenige Wochen nach der Geburt von Esthers jüngster Schwester, starb ihre Mutter und Esther musste ohne deren Obhut aufwachsen.
Es erstaunt dabei, dass ihr Vater Hirsch Marx erst im Jahr 1885 ein zweites Mal heiratete. Aus der zweiten Ehe ihres Vaters mit Karoline, geb. Heß stammen drei weitere Kinder. Im Jahr 1908 zog Hirsch Marx mit seiner Familie nach Zürich/Schweiz, wo er 1919 verstarb. Esther hatte aber wohl Glück im Unglück: Emma Strauß, geb. Marx, eine Schwester von Esthers Vater und deren Ehemann Moritz Strauß, Esthers Onkel mütterlicherseits, die keine eigenen Kinder hatten, nahmen ihre Nichte Esther als Pflegekind auf. 1896, im Jahr ihrer Eheschließung lebte Esther noch bei ihren Pflegeeltern, die seit 1890 in der Stuttgarter Moserstr.10 wohnten. Ob Esther eine Berufsausbildung erhalten hat, muss offen bleiben.

Als sie mit Max Hommel die Ehe schloss, war es Esthers reichhaltige Mitgift, die dem Ehepaar zu einem guten Start verhalf.
26 erfolgreiche Jahre in Stuttgart
Seit dem 25. August des Jahres 1907 war die Familie Hommel in Stuttgart gemeldet. Im Februar des Jahres war Esthers Tante und Pflegemutter Emma Strauß zwei Jahre nach ihrem Mann in Stuttgart gestorben und Esther trat ihr Erbe an. Vielleicht war dies der Anlass für die Familie Hommel, nach Stuttgart zu ziehen. Esther, Max und Justus wohnten zunächst im 2. Stock des Hauses Kronenstr. 25, wo Dr. med. Max Hommel auch seine Arztpraxis führte. In den kommenden Jahre zeigte sich, dass Dr. Hommel neben dem Beruf auch in der Israelitischen Gemeinde Stuttgarts aktiv war: 1911 hielt er im Rahmen der Berthold-Auerbach-Stiftung einen Vortrag zu ‚Judentum und Rasse‘, ein Thema, das schon damals relevant war. 1915 – 1916 war Max Hommel Präsident der Stuttgarter Sektion der jüdischen Loge ‚Bnei Brith‘ (‚Söhne des Bundes‘). Diese Loge orientierte sich an den Freimaurer-Logen, ohne ihrem Verband anzugehören. Ihr Ziel war die Aufklärung über das Judentum sowie die Bildung im eigenen Kreis. Noch heute gilt diese Loge rechtsradikalen Verschwörungstheoretikern als Bestandteil und Beweis einer ‚Jüdischen Weltherrschaft‘. Viel Zeit dürfte Dr. Hommel auch seine Mitgliedschaft im Israelitischen Gemeindevorstand gefordert haben, ein Amt, das er von 1924 an bekleidete; 1932 wurde er wieder gewählt. Daneben war er auch Mitglied des Verwaltungsrats des Jüdischen Schwesternwohnheims Stuttgart.
Von Sommer 1918 an befanden sich die Wohnung der Familie und die Praxis in der Schloßstr. 47.

Mitmieter im neu errichteten Stadthaus waren ein Dentist, ein Oberst, eine Pfarrerswitwe und ein Prälat im Ruhestand – eine gutbürgerliche Nachbarschaft! Dem Adressbuch von 1920 ist zu entnehmen, dass Dr. Hommel werktags von 14 – 15.30 Uhr und sonntags von 10 – 11 Uhr in seiner Praxis zu erreichen war. Solche kurzen Sprechzeiten waren für praktische Ärzte damals nicht ungewöhnlich, vermutlich verbrachten sie den Großteil ihrer Arbeitszeit mit Hausbesuchen. Der Samstag wird 1920 nicht erwähnt, vermutlich hielt Dr. Hommel damals die Sabbat-Ruhe ein. Anders die Sprechstunden im Jahr 1933, wo er auch am Samstagvormittag zu erreichen war. Die Familie Hommel bewohnte/nutzte eine 6–Zimmer-Wohnung mit Nebenräumen im ersten Stock des Hauses, das im Bombenkrieg 1944 zerstört wurde. Schmuckstücke des Wohnzimmers dürften die ‚echten‘ Biedermeiermöbel gewesen sein, die Esther Hommel von ihren Pflegeeltern geerbt hatte. Wie im gehobenen Bürgertum zu erwarten war: die Familie besaß ein Klavier und eine umfangreiche Bibliothek mit Fachliteratur sowie schöngeistiger Lektüre. Rosine Gamper unterstützte als Hausangestellte über lange Jahre Esther Hommel bei der Führung des Haushalts.
Dr. med. Max Hommel muss ein bekannter und beliebter Arzt gewesen sein, was sich, zumindest nach den Jahren der Inflation, auch in seinem Einkommen widerspiegelte. In den Jahren vor 1933 betrug sein zu versteuerndes Jahreseinkommen durchschnittlich 12.000 Reichsmark. Noch in den 1920er-Jahren hatte das Familieneinkommen nicht ausgereicht, dem Sohn Justus eine Wohnung und die Studiengebühren an der Frankfurter Universität zu finanzieren.
Als deutscher Patriot im Ersten Weltkrieg
In der Zeit des ersten Weltkriegs dürfte sich Dr. Max Hommel, wie die Mehrzahl der jüdischen Deutschen, als deutscher Patriot empfunden haben. Aufgrund seines Alters wurde Max Hommel zwar nicht eingezogen, er stellte seine Kompetenz und Arbeitskraft aber freiwillig dem kriegsführenden Deutschen Reich zur Verfügung.
Maria Zelzer schreibt in ihrem Buch ‚Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden’ zum neuen Gebäude des Jüdischen Schwesternheims in der Stuttgarter Dillmannstraße:
„Der Verwaltungsrat mit seinem Vorstand Dr. med. Gustav Feldmann hielt es für seine Pflicht, das bis auf die Inneneinrichtung fertiggestellte Haus und ebenso alle seine Schwestern in den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Der Neubau wurde der Militärbehörde angeboten und im September 1914 als Hilfslazarett VIII in Stuttgart mit 30 Betten vollständig eingerichtet. ( …) Die ärztliche Leitung lag in den Händen der Stuttgarter jüdischen Ärzte Dr. Max Hommel und Dr. Tannhauser, die später mit dem (württembergischen) Wilhelmskreuz ausgezeichnet wurden.“

(Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg)
Nicht genug der Ehre: Vom 19. Oktober 1917 datiert ein Schreiben, das der Württembergischen Kriegsminister Otto von Marchthaler unterzeichnet hatte. Es war an das Königlich Bayerische Kriegsministerium/Medizinal-Abteilung gerichtet. Von Marchthalers Anliegen war die „Beförderung des ‚Königlich Bayerischen Oberarztes der Landwehr‘ a.D. Dr. Hommel zum Stabsarzt“.
Der Minister argumentiert, „ … dass Dr. Hommel zwar nicht in seiner Eigenschaft als ehemaliger Sanitätsoffizier im Heeresdienst verwendet d.h. mit einer Kriegsstelle beliehen ist, sich aber einer Anerkennung in Form des beantragten Allerhöchsten Gnadenbeweises dadurch würdig gemacht hat, dass er in nunmehr 3-jähriger aufopfernder Tätigkeit ehrenamtlich den Dienst als leitender Arzt des Zweiglazaretts „Jüdisches Schwesternheim“ in Stuttgart versieht“.
Justus Hommels Werdegang
Universitätsstudium in Stuttgart, Tübingen und München
Justus blieb das einzige Kind von Esther und Max Hommel und wie man es zumindest von seinem Vater her weiß, war er dem Lernen zugeneigt. In Stuttgart besuchte er ab 1907 das angesehene und geschichtsträchtige Eberhard-Ludwigs Gymnasium.

Die Liste der ehemaligen Schülerinnen und Schüler dieses Gymnasiums liest sich wie eine Aufzählung württembergischer intellektueller Prominenz.
Mit dem Abitur im Juni 1916 verließ Justus diese Schule, die er wahrscheinlich in guter Erinnerung behalten hat. In seinem Abschlusszeugnis wird als geplantes Studium das der ‚Medizin‘ genannt. Der Wunsch seiner Eltern?
Von Herbst 1916 bis Frühjahr 1917 begann er an der Technischen Hochschule Stuttgart ein ‚Studium der allgemeinbildenden Fächer‘, wohl in der berechtigten Annahme, dass er bald zum Kriegsdienst eingezogen werden würde. Tatsächlich musste er als Soldat am 1. Weltkrieg vom 30. Juli 1917 bis zum 15. Januar 1919 teilnehmen, zu seinem Glück aber nicht an der Front.
Nach dem Krieg schrieb sich Justus Hommel an der Tübinger Eberhard–Karls-Universität ein, wo er Rechtswissenschaft studierte, und zwar vom Zwischensemester 1919 (Immatrikulation 27.02.1919) bis zum Wintersemester 1919/1920 (Abgangszeugnis vom 21.02.1920). In Tübingen bezog Justus Hommel eine ‚Studentenbude‘ bei der jüdischen Viehhändlerswitwe Fanny Liebmann in der Hechinger Str. 9.
Später wechselte er an die Ludwig-Maximilians-Universität in München, wo er im Sommersemester 1920 und im Wintersemester 1920/21 eingeschrieben war. Aus der Münchener Zeit ist sein Studienbuch überliefert, dem man entnehmen kann, welche Vorlesungen Justus besuchte: Neben denen im Fach Jura interessierte ihn eine zum Thema ‚Talmudlektüre‘ und eine zum Thema ‚Geschichte der Philosophie im 19. Jahrhundert‘. Vermutlich sind das Hinweise für Justus‘ Interesse an religionsphilosophischen Themen, zu denen er später publizieren sollte. München als Studienort war für Justus eine Verlegenheitslösung, hier fand er ‚aufgrund persönlicher Beziehungen‘ bei ‚Heimann‘ eine wahrscheinlich preiswerte Unterkunft, was an seinem Wunsch-Studienort Frankfurt nicht der Fall gewesen wäre.
Justus kehrte anschließend an die Tübinger Universität zurück und studierte dort vom Sommersemester 1921 bis zum Wintersemester 1921/22 weiterhin das Fach Rechtswissenschaft. Sein Abgangszeugnis datiert vom 14.03.1922.

Vergeblich versuchte er im Frühjahr 1922, hier auch die Erste höhere Justizdienst-Prüfung abzulegen. Zwar bestand der alle Prüfungen in den juristischen Teilfächern, die Tübinger Prüfungskommission unter Prof. Dr. Carl Johannes Fuchs hielt seine Arbeit in Volkswirtschaftslehre aber für unzureichend. Justus Hommel vermutete hinter der Haltung von Fuchs ein politisches Motiv: „Ich hatte bei der Behandlung des Themas einen arbeiterfreundlichen Standpunkt eingenommen und gerade an dieser Arbeit hatte der (…) Prüfungskommissions-vorsitzende auszusetzen, dass ich sie ‘politisch ausgebeutet‘ habe“.
Die Ablehnung von Justus’ Arbeit geriet zum Politikum, als sich zwei, dem Vater Max Hommel bekannte, Reichstagsabgeordnete an das württembergische Justizministerium wandten mit der Bitte um eine Revision der Entscheidung. Dazu sah sich der Justizminister Eugen Bolz aber nicht im Stande. Er bot Justus Hommel als Vergünstigung aber an, das Referendarsexamen in Tübingen wiederholen zu dürfen, was dieser aber ablehnte: „Ich brachte und bringe es nicht über mich, durch abermahlige Ablegung eines Referendarexamens in Tübingen gleichsam den Kommisssionsbeschluß über mein erstes Examen als gerecht anzuerkennen“.
Studienabschluss in Frankfurt und Berufspraxis in Stuttgart
Justus Hommels Haltung hatte aber einschneidende Folgen: „Der Akt der Tübinger Kommission wirft mich aus der von mir angestrebten Laufbahn eines Staatsbeamten und zwingt mich, in der Industrie als Jurist oder sonstwie mein Auskommen zu suchen“. Als Ersatz für den gescheiterten Studienabschluss strebte er jetzt einen Doktortitel an. Dazu wandte er sich an die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität von Frankfurt, deren Mitglied auch der von ihm geschätzte Prof. Dr. Sinzheimer war. Justus Hommel erhält eine Ausnahmegenehmigung, die nötig war, da er nicht die formalen Bedingungen (Studium an der Frankfurter Universität) erfüllte. Seine Dissertation basierte wohl auf dem volkswirtschaft-lichen Text, mit dem er in Tübingen gescheitert war. Der Titel der schriftlichen Arbeit, die er am 2. Juli 1923 einreichte, lautete: ‚Das Subintelligendum des § 950 BGB‘.
Am 20.12.1923 bestand er an der Frankfurter Universität seine Promotions-prüfung und erhielt zum 3. Januar 1924 das Doktordiplom. Interessant sind die Namen der Gutachter seiner Diplomarbeit: Hugo Sinzheimer, Hans-Otto de Boor und Friedrich Klausinger. An ihren sehr unterschiedlichen Biografien lässt sich das bald folgende Elend der deutschen Juristen-Gilde beispielhaft nachvollziehen Die Frankfurter Universität war in den Jahren nach dem 1. Weltkrieg zu einer offenen Institution geworden, so wurde dort im Jahr 1924 das (linke) ‚Institut für Sozialforschung‘ gegründet.
Schon seit dem 1. August 1923 volontierte Justus Hommel, der von seinen Eltern nicht finanziell abhängig sein wollte, bei einem Stuttgarter Büro für Handels- und steuerrechtliche Angelegenheiten und hatte nach der Promotion eine leitende Stellung in einem Stuttgarter Unternehmen in Aussicht. Später schreibt er über seine ersten Stuttgarter Berufsjahre: „1923 wissenschaftlicher Assistent eines Stuttgarter Wirtschaftsberaters und Verbandgeschäftsführers, darauf Syndikus einer Stuttgarter Treuhandbank, dann Syndikus eines Stuttgarter elektro-industriellen Betriebs“. Danach ging er den Weg in die Selbstständigkeit: von 1925 bis 1935 betrieb er in Stuttgart ein eigenes Büro als Wirtschaftsberater. Im Stuttgarter Adressbuch ab 1927 erscheint sein Name mit der Berufsbezeichnung ‚Syndikus‘, sein Büro befand sich in der Paulinenstr. 5, ein Jahr später in der Friedrichstr. 20, sein privater Wohnsitz blieb bis zu seiner Flucht 1935 die elterliche Wohnung in der Schloßstraße. Die Büroadresse von Justus Hommel in der Friedrichstr. 20 findet sich in den Stuttgarter Adressbüchern unter der Rubrik ‚Gewerbe: Volkswirte, beratende und freie Syndici‘ in den Jahren 1928 bis einschließlich 1932. In einer Restitutionsakte schreibt Justus Hommel, dass er bis 1933 als Wirtschaftsjurist (‚Wirtschaftsberater‘) bekannt und erfolgreich war. Diese Spezialisierung überrascht nicht, denn schon im Studium hatte er sich auf Wirtschaftsrecht konzentriert. Nebenbei schrieb er Zeitungsaufsätze zu wirtschaftlichen Themen und hielt auch öffentliche Vorträge zu diesem Themenbereich.
Demütigung, Vertreibung, Beraubung und Mord: die Familie Hommel während der NS-Zeit
Justus Hommel: Berufs- und Eheverbot
Es ist nicht überliefert, wie die Machtübertragung an die Nazis im Januar 1933 von der Familie Hommel erlebt wurde. Zunächst am stärksten betroffen dürfte Justus Hommel gewesen sein: In einer Restitutionsakte schreibt er von einer „Verdrängung als Wirtschaftsberater“ nach 1933, sodass er „noch nicht einmal den notdürftigen Unterhalt verdienen konnte“. Somit wird er seinen Eltern ‚auf der Tasche gelegen‘ sein, eine vermutlich demütigende Lage. Er schien zu dieser Zeit aber noch gehofft zu haben, seinen Beruf als Jurist in einem anderen Rahmen ausüben zu können: Am 30. Juni 1933 bestand er vor der Stuttgarter Justizprüfungs-kommission die Württembergische Zweite juristische Dienstprüfung (Große Juristische Staatsprüfung) und hatte vor, im Herbst 1933 ein Rechtsanwaltsbüro zu eröffnen. Dazu kam es nicht mehr. Er erhielt als ‚Jude‘ weder eine Zulassung als Rechtsanwalt (NS-Verordnung vom 17. April 1934), noch wurde er zum Gerichtsassessor (Staatsdienst) ernannt.
Hinzu kam seine private Situation: Justus Hommel hatte die vier Jahre ältere Stuttgarter Kaufmannstochter Emma Bairle kennen- und liebengelernt.

Im Jahr 1924 hatte Emma Bairle noch erwogen, nach Nordamerika auszuwandern, was sie aber nicht verwirklichte. Emma, die als Stenotypistin, Buchhalterin und Kontoristin arbeitete, gehörte der katholischen Kirche an; was in der NS-Zeit aber entscheidend war: Sie galt als ‚Arierin‘ und die Verbindung mit einem ‚Juden‘ wurde spätestens nach dem Inkrafttreten der ‚Nürnberger Gesetze‘ am 16. September 1935 für beide Beteiligten zur Straftat.
Justus Hommel beschreibt 1946 seine Situation im Jahr 1935:
„Im Sommer des letztgenannten Jahres wurde ich bei der Gestapo denunziert,
1. wegen meines Verhältnisses zu einer Nichtjüdin (mit der ich verlobt war und bin),
2. wegen des Diktates angeblich kommunistischer Texte.
Da ja in jenem Sommer auch in Württemberg die Verfolgung derjenigen Juden begann, die Verbindung zu Nichtjüdinnen hatten, musste ich am 25. Juli 1935 Deutschland verlassen“.
An anderer Stelle benennt Justus Hommel diejenigen, die ihn mutmaßlich an die Gestapo verraten hatten, darunter einen Wohnungsnachbarn von Emma Bairle in der Vogelsangstr. 32/2.
Max Hommel: unfreiwilliger Ruhestand
Max Hommel erlebte die beruflichen Restriktionen später als sein Sohn. Am 1. Januar 1938 wurde ihm als ’jüdischem’ Arzt die Zulassung bei Ersatzkassen entzogen; wegen seiner ‚Verdienste im 1. Weltkrieg‘ durfte er aber zunächst weiter praktizieren. Die finanziellen Auswirkungen müssen für ihn nicht erheblich gewesen sein, denn er verdiente sein Honorar vorwiegend bei Patienten, die in (staatlichen) RVO-Kassen versichert waren. Zum 1. Oktober 1938 verbot der NS-Staat dann allen ‚jüdischen‘ Ärzten die Ausübung ihres Berufs, ihre ‚Bestallung‘ erlosch zwangsweise. Von den Stuttgarter Ärztinnen und Ärzten jüdischer Herkunft durften nur zwei als ‚ jüdische Krankenbehandler‘ für ‚jüdische‘ Patienten weiterhin tätig sein.
Indizien für ein noch relativ normales Leben von Max und Esther Hommel bis ins Jahr 1938 sind ihre Reisen in die Schweiz, wo sie mit ihrem Sohn zusammentrafen und wahrscheinlich auch weitere Verwandtschaft besuchten. Umgekehrt kam Nanette Barth, später verheiratete Fischhof, eine in Zürich/Schweiz lebende Nichte Esthers öfters nach Stuttgart zu Besuch. Beim Thema Auslandsreisen ist die Frage naheliegend: Erwogen Max und Esther Hommel eine Flucht aus Nazideutschland? Dazu gibt ein Satz von Justus Hommel Auskunft: „Meine Eltern beabsichtigten nicht, auszuwandern“.
Erzwungener Wohnungswechsel in ‚Judenhäuser‘
Vermutlich zum 1. November 1938 mussten Esther und Max Hommel ihre Wohnung in der Schloßstr. 47 verlassen, die für über 20 Jahre ihr Zuhause gewesen war. Die neue Adresse Militärstr. 68 (heute Breitscheidstraße) in Stuttgart war ein ‚Judenhaus‘.

Hier konnten Esther und Max immerhin noch eine separate 3-Zimmer-Wohnung nutzen und einen erheblichen Teil ihrer bisherigen Wohnungseinrichtung mitbringen. Auch in der Militärstraße empfingen die Hommels Besuch von Nanette Barth, deren Zeugenaussagen in den Restitutionsverfahren nach 1945 wichtig werden sollten. Schon nach neun Monaten musste das Ehepaar Hommel erneut die Wohnung wechseln. Der Besitzer des Hauses Militärstr. 68, der jüdischen Fabrikant Oskar Weinschel, musste im Zuge seiner Flucht in die USA das Haus an die Stadt Stuttgart verkaufen, die es ‚arischen‘ Mietern zur Verfügung stellte.
Das große Stadthaus Rosenbergstr. 103, wo Esther und Max Hommel anschließend wohnen mussten, war etwa 1935 erbaut worden und gehörte, wie das Nachbarhaus Nr. 105, dem jüdischen Fabrikanten Emanuel ‚Emil‘ Strauss und seiner Frau Rosa.

1943 zerstört (Quelle: Stadtarchiv Stuttgart)
Auch in diesem Haus konnte das Ehepaar Hommel eine eigene 3-Zimmer-Wohnung im 4. Stock nutzen. Justus berichtet im Restitutionsverfahren: „Meine Eltern führten noch in der letzten Wohnung in der Rosenbergstraße ihren ehemaligen Haushalt fort“.
Esther Hommels Tod im Jahr 1940
Dokumentiert ist Esthers Tod am 11. August 1940; sie starb an ‚Diabetes mellitus‘ als Patientin im Stuttgarter Marienhospital. Der Ort war keine Selbstverständlich-keit. Susanne Rueß schreibt in ihrem Buch ‚Stuttgarter jüdische Ärzte während des Nationalsozialismus‘ S. 38: „Die Aufnahme jüdischer Kranker in Stuttgarter Krankenhäuser wurde zunehmend boykottiert. Nach der ‚Reichskristallnacht‘ wurde allen ‚Nichtariern‘ die Krankenhausbehandlung verweigert. Das katholische Stuttgarter Marienhospital und das Robert-Bosch-Krankenhaus setzten sich, soweit es möglich war, über die bestehenden Vorschriften hinweg und behandelten weiterhin jüdische Kranke.“
Justus Hommel beschrieb 1946 den Tod seiner Mutter etwas anders: „Meine Mutter (…) war gallenleidend. Sie starb am 11. August 1940 infolge einer plötzlich eingetretenen Galleneiterung, hervorgerufen durch Gallenstein. Die Eigenart des Leidens und der plötzliche Eintritt der letzten Krankheit lassen als höchstwahrscheinlich vermuten, dass die Auslösungsursache der tödlichen Erkrankung der seelische Druck war, unter dem meine Mutter als Jüdin damals stand.“
Esther Hommel, geb. Marx wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof beigesetzt.

(Quelle: Dr. Joachim Hahn)
Max Hommel als Internierter im Schloss Weißenstein
Noch über ein Jahr lebte Max Hommel alleine als Witwer in Stuttgart; seit dem 19. September 1941 musste er, der einst geachtete Arzt und geehrte Bürger, den diskriminierenden ‚Judenstern‘ tragen. Mitte Oktober des Jahres wurde ihm mitgeteilt, dass er zum 1. November 1941 seine Stuttgarter Wohnung im ‚Judenhaus‘ Rosenbergstr. 103 verlassen müsse. Außer ihm wurden auch die beiden Hausmitbewohnerinnen Else Strauss und Marita Wolf zum Umzug auf das Schloss Weißenstein/Landkreis Göppingen gezwungen. Aus dem benachbarten ‚Judenhaus‘ Rosenbergstr. 105 wurden weitere acht Personen auf jenes Schloss verbracht; auch sie dürften Dr. Hommel persönlich bekannt gewesen sein. Das weitgehend leerstehende Schloss in Weißenstein (heute Teilgemeinde der Stadt Lauterstein) war provisorisch für die Aufnahme der zunächst 45 Personen hergerichtet worden.

Die Wohnsituation war zumindest anfänglich beengt; ob die Heizung im kalten und langen Winter 1941/42 hinreichend war, ist zweifelhaft. Gleiches gilt für die Nahrungsversorgung. Dr. Hommel gehörte als 74-jähriger zu den älteren Insassen und besaß als einziger eine akademische Ausbildung. Waren frühere Patientinnen unter den Mit-Internierten? Vermutlich war Dr. Hommels medizinischer Rat gefragt. Einen kleinen Teil seines Stuttgarter Mobiliars konnte er mit auf das Schloss bringen; der in Stuttgart verbliebene Großteil wurde ihm entzogen. Während des Zwangsaufenthalts auf dem Schloss konnte er mit seinem Sohn in Briefkontakt bleiben. Dr. Max Hommel gehört zu denjenigen 16 InsassInnen, die von Beginn bis zur Schließung im Schloss wohnen mussten. Als er das Schloss verließ, blieben seine wenigen Einrichtungsgegenstände zurück und wurden anschließend versteigert. Den Erlös erhielt nicht der Eigentümer, sondern später das Finanzamt der nahe gelegenen Stadt Geislingen/Steige: 379 RM.
Am 19. August 1942 wurden 27 der 28 letzten Bewohner des Zwangswohnheims per Bahn in das Lager auf dem Stuttgarter Killesberg verbracht. Nach zwei schrecklichen Nächten wurden insgesamt 1078 Menschen aus Württemberg, Hohenzollern und Baden in primitiven Reichsbahnwaggons vom Stuttgarter Nordbahnhof in das KZ Theresienstadt deportiert, wo sie am 23. August an der nächstliegenden Bahnstation Bauschowitz hungernd und dürstend eintrafen. Im gleichen Transport befanden sich auch Max Hommels Schwester Recha Strauss und deren Ehemann Julius.

Die ‚Gnade‘, im KZ Theresienstadt ‚wohnen‘ zu dürfen, ließ sich der NS-Staat teuer bezahlen: durch das ‚Heimkaufrecht‘. Dafür wurde Max Hommel um 20.000 RM beraubt, indem ihm Aktienbesitz entzogen wurde.
Elend und Ermordung im Ghetto KZ Theresienstadt
Max Hommel wurde in den Block AII eingewiesen, die frühere Jägerkaserne, in der alte (männliche) Häftlinge leben mussten. Mangelnde Ernährung, ungenügende Gesundheitsversorgung, unzureichende Hygiene und schließlich die Winterkälte 1942/43 kennzeichneten die ‚Lebens‘-Bedingungen, denen Herr Hommel ausgesetzt war. Am 10. Dezember 1942 starb im Lager seine zwei Jahre jüngere Schwester Kathi Pessel, was Max sicher mit großer Trauer aufgenommen hat.
Max Hommel überlebte seine Schwester kaum mehr als einen Monat. Der überlieferten ‚Todesfallanzeige‘ ist zu entnehmen, dass ‚Dr. Max Israel Hommel‘ am 19. Januar 1943 um 4 Uhr nachts in seinem ‚Zimmer‘ verstorben ist. Die jüdischen Ärzte, selbst Häftlinge, die den Schein ausfüllen mussten, trugen ‚Altersschwäche’ als Krankheit und ‚Darmkatarrh‘ als Todesursache ein. ‚Mord‘ durften sie nicht schreiben. In einer Restitutionsakte berichtet Sohn Justus Hommel, dass sein Vater im KZ Theresienstadt verhungert sei.

Weitere Ermordete in den Familien Hommel und Marx
Justus Hommels Leben im Exil
Schweiz – Italien – Schweiz
Justus Hommel war nach der Machtübergabe an die Nazis klargeworden, dass er in Nazi-Deutschland keine berufliche Zukunft haben würde. Von Februar bis Juni 1934 unternahm er Reisen, unter anderem nach Frankreich, um zu klären, wohin er auswandern und eine Existenz gründen könnte. Schließlich verließ er, auch um einer Verhaftung zu entgehen, Stuttgart am 25. Juli 1935 und reiste, vermutlich mit einem Touristenvisum, nach Zürich (s.o.). Dort lebte seit längerem die verwandte Familie Barth; Klara Barth, geb. Marx war die jüngste Schwester seiner Mutter.
Bis Januar 1936 hielt sich Justus in der Schweizer Metropole auf, ohne gemeldet zu sein. Als sein Touristenvisum ablief, stand er vor der Frage, ob er in der Schweiz bleiben sollte. Als ‚Emigrant‘ dort zu leben, hätte Arbeitsverbot bedeutet und damit die finanzielle Abhängigkeit von Verwandten oder (jüdischen) Hilfsorganisationen. Auch sah sich die Schweiz nur als ‚Transitland‘, das heißt, die Geflohenen, denen ein Aufenthaltsort zugewiesen wurde, waren nur geduldet, solange ihre Weiterreise nicht zu realisieren war. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass Justus die Schweiz verließ und nach Italien zog, wo bis 1938 etwa 4000 deutsche oder österreichische Jüdinnen und Juden als Flüchtlinge lebten, so zum Beispiel die Göppinger Familie Geschmay.
Dass man als jüdisch-deutscher Flüchtling in das faschistische Italien Mussolinis zog, klingt zunächst absurd. Tatsächlich verhielt sich der italienische Faschismus lange Zeit nicht judenfeindlich, was sich aber mit dem Jahr 1938 ändern sollte. In Italien, wo er die Landessprache beherrschte, verbrachte Justus Hommel etwa 30 Monate. Am 20. Januar 1936 traf er in Bologna ein, wo er sich für ein Jahr aufhielt und an der Berlitz-Sprachschule Unterricht gab. Wenige Monate nach seiner Ankunft lief sein deutscher Pass ab, weswegen er das deutsche Konsulat in Mailand aufsuchen musste, wo ihm am 25. März 1936 der Pass ein letztes Mal verlängert wurde. In Bologna gelang es Justus Hommel aber nicht, durch eigene Einkünfte seinen Lebensunterhalt zu gewährleisten. Vielleicht war das der Grund, dass er nach Bozen zog, wo er vom 4. Januar 1937 an gemeldet war. Als Justus Hommel vom dort zuständigen Schalterbeamten gefragt wurde, wie lange er bleiben wolle, antwortete er: „Für immer“. Dieser Wunsch erfüllte sich nicht, immerhin wurde der erste beigefügte Stempel ‚Vorläufig‘ später durch einen mit ‚Dauerhaft‘ ersetzt.
Während seines Aufenthalts in Bozen konnte er mit Sprachunterricht ein hinreichendes Einkommen erzielen. 1937 veröffentlichte er nach eigenen Angaben in der deutschsprachigen Bozener katholisch-konservativen Zeitung ‚Dolomiten‘ einen Aufsatz zu religiöser Thematik. Warum Justus Hommel Bozen verließ, konnte nicht geklärt werden; ein überlieferter Schriftwechsel deutet Probleme mit der Meldebehörde an. Entscheidend für ihn wird wahrscheinlich der rassistisch-judenfeindliche Umschwung Italiens ab Juli 1938 gewesen sein, dem im September des Jahres die Anordnung folgen sollte, ‚ausländische Juden‘ bis Jahresende auszuweisen. Dem kam Justus Hommel zuvor: Am 11. Juli 1938 reiste er wieder in die Schweiz und zwar nach Luzern, wobei ihm der Wohnort wohl zugewiesen wurde. Etwa zwei Jahre lang lebte er unter verschiedenen Wohnadressen in der Zentralschweizer Stadt. Dort kam er in Kontakt mit Rudolf Rößler, dem Co-Verleger des antifaschistisch, dabei religiös orientierten Luzerner Vita-Nova-Verlags, wo Justus Hommels erstes Buch erscheinen sollte. Dabei ist es erstaunlich, dass er als deutscher Emigrant in der Schweiz veröffentlichen durfte. Zum Überleben halfen ihm Zuwendungen des ‚Verbands Schweizerischer Jüdischer Flüchtlingshilfen‘, die vom 7. Oktober 1938 bis zum 1.Dezember 1942 gewährt wurden. Da Justus Hommel – seit 1939 als Staatenloser – in Luzern lebte, entzog ihm die Universität Frankfurt zum 6. Februar 1940 den Doktorgrad. Justus Hommel dürfte von dieser üblen Geste nichts erfahren haben und unterzeichnete weiterhin mit seinem erworbenen Titel. Erst drei Jahre nach seinem Tod, nämlich 1987, besann sich die Frankfurter Universität und erklärte den Entzug des Doktorgrads als unrechtmäßig.
Auf der Suche nach religiöser Gewissheit
Schon zu Beginn seines Schweizer Exils im Jahr 1936 sollen Justus Hommels Auseinandersetzungen mit Fragen der Ethik, der Religion und des Glaubens begonnen haben. Er vertiefte sich in theologische Gedankengänge und wandte sich in der Folge immer mehr vom israelitischen Bekenntnis seiner Herkunfts-familie ab. Wie seine Eltern dazu standen, ist nicht überliefert; ebenso muss offen bleiben, ob die Begegnung mit seiner Verlobten, der Katholikin Emma Bairle zur religiösen Neuorientierung beigetragen hat. Justus Hommels 1942 im Vita Nova-Verlag veröffentlichtes Buch ’Fürwort der Religion’ war das Ergebnis seiner ‚Suche‘ und kann schon als Bekenntnis zum Katholizismus gelesen werden.
In Schweizer Arbeitslagern
Vom Juni 1940 bis Ende November 1942 war Justus Hommel angehalten, für die Schweiz Zwangsarbeit zu leisten. Von Zwang kann gesprochen werden, denn bei Verweigerung hätte ihm Zuchthaus und/oder Abschiebung nach Deutschland gedroht. Er teilte sein Schicksal mit vielen (oft jüdischen) Emigranten und Flüchtlingen aus Deutschland und Österreich. Interniert war er in den Schweizer Arbeitslagern Felsberg/Graubünden, Sattelegg/Schwyz und über zwei Jahren lang im Schul- und Arbeitslager in Davesco/Tessin.
Felsberg, das am 9. April 1940 als Lager eingerichtet wurde, war das erste dieser Art in der Schweiz und Justus Hommel gehörte damit zu denjenigen Emigranten, die schon früh erfasst wurden. Sowohl in Felsberg wie in Sattelegg wurden die Internierten zum Bau von Militärstraßen verpflichtet, was schwere körperliche Arbeit bedeutete. Im Lager Davesco erkrankte Justus Hommel, was zu seiner Entlassung aus dem Schweizer Lagersystem führte. Als Insasse eines Schweizer Arbeitslagers erhielt er einen kleinen Lohn und konnte sich an 50 Urlaubstagen im Jahr erholen. Wenige Tage nachdem er in das Arbeitslager von Sattelegg eingewiesen worden war, dürfte Justus vom Tod seiner Mutter erfahren haben. Die Umstände ließen es nicht zu, an ihrer Beisetzung teilzunehmen und seinem Vater zur Seite zu stehen. Während der Zeit, als Justus im Arbeitslager Davesco interniert war, lebte sein Vater als Häftling im Schloss Weißenstein.
Nach seiner Entlassung aus dem Lager Davesco Ende November 1942 wohnte Justus Hommel bis Ende April 1943 in Zürich, verbrachte aber seine weitere Exilzeit erneut in Luzern, das er ohne Genehmigung nicht verlassen durfte. Dort verbot 1943 die Stadtverwaltung jüdischen Flüchtlingen und Emigranten, sich an der beliebten Quai-Anlage und der Brücke aufzuhalten – die eingesessene Bevölkerung fühle sich belästigt. Als sich die Niederlage Nazi–Deutschlands abzeichnete, fragten sich die Schweizer Behörden, wie die Emigranten/Flüchtlinge wohl über ihre Zeit in der Schweiz denken und berichten würden. Ein Ergebnis dieser Besinnung waren Angebote zur beruflichen Qualifikation, zu denen auch Justus Hommel einbezogen wurde: So nahm er an einer kurzen juristischen Schulung im Jahr 1945 teil, die in Zürich stattfand. Gegen Kriegsende trat Justus Hommel in der Schweiz auch zwei Emigranten-Verbänden bei: Der Bewegung ‚Freies Deutschland‘ und dem ‚Schutzverband deutscher Schriftsteller in der Schweiz‘. Im Übrigen war es das Anliegen der Schweizer Behörden, alle (jüdischen) Emigranten und Flüchtlinge möglichst schnell aus dem Land zu drängen. Dass auch Justus Hommel so bald wie möglich ausreisen wollte, hatte andere Gründe.
Justus Hommels Neuanfang im Nachkriegs-Deutschland
Eine nachgeholte Ehe, eine neue Konfession
Justus Hommel wollte gleich nach Kriegsende nach Stuttgart zurückkehren, die amerikanische Militärverwaltung gestattete es ihm aber nicht. Erst nach einem Jahr, am 16. Mai 1946, traf er in seiner Heimatstadt ein. ‚Heimatstadt?‘ Dass es ihn, trotz alledem, nach Stuttgart zog, hatte wohl einen entscheidenden Grund: Kaum angekommen, am dritten Juni 1946, ging er mit seiner langjährigen Verlobten Emma Bairle die Ehe ein, die kirchlich-katholische Trauung erfolgte am 17. Dezember.
Elf gemeinsame Lebensjahre waren dem Liebespaar geraubt worden, jetzt, wo sie endlich zusammen waren, war es für Kinder zu spät, Emma war schon 53 Jahre alt. Die erste Wohnung des Paars befand sich am Rosenbergplatz, wo sie zur Untermiete wohnten. Traute Zweisamkeit gab es freilich nicht; Emmas alte Mutter, die im Bombenkrieg ihre Wohnung verloren hatte, lebte bis zu ihrem Tod Ende 1948 bei ihnen.
Katholische Trauung? Ja, denn im gleichen Jahr 1946 hatte sich Justus Hommel einen weiteren Wunsch erfüllt: Er, der sich zuvor als ‚freireligiös‘ bezeichnet hatte, nahm beim Katholischen Pfarrer Carl Küven vom Stuttgarter Stadtpfarramt St. Elisabeth Konvertiten-Unterricht, mit dem Ergebnis, dass das Bischöflichen Ordinariat Rottenburg die Aufnahme Justus Hommels in die Katholische Kirche zum 29. November 1946 genehmigte.

(Quelle: Hauptstaatsarchiv Stuttgart)
Tätigkeit bei den Spruchkammern und in der VVN
Justus Hommel war mittellos aus der Schweiz zurückgekehrt, sein geraubter Besitz und sein Erbe waren noch lange nicht verfügbar und in den ersten Monaten lebte das Ehepaar allein von Emmas Einkommen. Justus musste und wollte also arbeiten und –naheliegend – in seinem gelernten Beruf als Jurist. Im Juni des Jahres bewarb er sich für die Arbeit in einer Berufungskammer der Spruchkammern. Nach der NS-Zeit gab es sehr wenige Juristen die sich nicht dem NS-Regime angedient hatten; daher war es kein Zufall, dass der württembergische Befreiungs-Minister Gottlob Kamm Anfang Juli 1946 an die Stuttgarter Militärregierung schrieb: „Ich beabsichtige, Herrn Dr. Hommel als Vorsitzenden einer Berufungskammer in Stuttgart zu verwenden“. Ab 5. September 1946 wurde Justus Hommel, nicht ganz seinem Wunsch entsprechend, Spruchkammer-Vorsitzender an der Spruchkammer Stuttgart-Untertürkheim.
In den Folgemonaten versuchte das württembergische Arbeitsministerium letztlich vergeblich, Justus Hommel, der ja auf Wirtschaftsrecht spezialisiert war, vom Befreiungs-Ministerium abzuwerben. Für kurze Zeit trug Justus Hommel den Titel eines Landesarbeitsgerichtspräsidenten, ausgeübt hatte er das Amt nicht; er nahm seine Tätigkeit im Rahmen des Befreiungsministerium wieder auf und wurde mit dem 15.12.1946 ‚Geschäftsführender Vorsitzender der Berufungskammer‘; im Januar 1947 wurde sein Titel in ‚Präsident der Berufungskammer‘ modifiziert.
Während seiner engagierten Amtsausübung geriet Justus Hommel in diverse Konfliktsituationen. So wurde im August 1948 eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen ihn eingereicht, nachdem er zwei Zeugen in einem Berufungsverfahren für drei Stunden festhalten ließ. Ein anschließendes Verfahren wegen Freiheits-beraubung wurde Ende 1948 eingestellt und er kehrte nach einer kurzen Beurlaubung an seine Stelle zurück. Sein ‚prominentester Fall‘ dürfte das Berufungsverfahren des ehemaligen Stuttgarter NS-Oberbürgermeisters Karl Strölin gewesen sein. Mit dem Ende des Jahres 1949 wurden die Spruchkammer-Institutionen aufgelöst und damit endete auch Justus Hommels erste Phase als Jurist im Nachkriegsdeutschland.
Nachzutragen ist, dass er vom 25.9.1946 bis zum 31.12.1949 in Stuttgart auch als Rechtsanwalt zugelassen war, diese Tätigkeit aber nicht ausgeübt hat. Vom 1. Januar 1950 bis zum 4. April 1951 war Justus Hommel vorübergehend ohne Berufstätigkeit. Er bewarb sich im Frühjahr 1950 für den konsularischen Dienst, ohne auch nur eine Rückmeldung zu erhalten. Er verstand diese Ablehnung als Indiz für ein drohendes „neo-nazistisches Deutschland, wie es das Ausland mit Recht sieht“.
Konsequenterweise war er schon seit 1946 Mitglied in der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) und nutzte die berufslose Zeit, um ehrenamtlich in der VVN tätig zu sein. Er beriet in juristischen Belangen und formulierte beispielsweise – anscheinend erfolgreich – Forderungen zur anstehenden Rentenverordnung im Jahr 1950. Umso überraschender erscheint deshalb sein Austritt aus der VVN zum 20. September 1950. Justus Hommel begründet sein Ausscheiden damit, dass innerhalb der Vereinigung die „Vorherrschaft einer ihrer Gruppen bestehe“ – ohne dass er Näheres zu dieser ‚Gruppe‘ ausführt.
Tatsächlich erhöhte sich der prozentuale Anteil der Verfolgten aus dem kommunistischen Widerstand im Lauf der Jahre seit 1945, so dass sie im Jahr 1950 zu zahlenmäßig größten Gruppe innerhalb der VVN geworden waren. Hintergrund dieser Entwicklung war der beginnende ‚Kalte Krieg‘ zwischen den Westmächten und der Sowjetunion. Sowohl die CDU (deren prominentestes VVN-Mitglied anfänglich Konrad Adenauer war) wie auch die SPD hatten ihre Parteimitglieder unter Druck gesetzt, die VVN zu verlassen, ein Miteinander mit den in der NS-Zeit verfolgten Kommunistinnen und Kommunisten war unerwünscht. Viele nicht-kommunistische Verfolgte verließen daraufhin die VVN, der unterstellt wurde, eine Unterorganisation der seit 1956 verbotenen KPD (= Kommunistische Partei Deutschlands) zu sein. Wer der Organisation treublieb, musste nach dem ‚Adenauer-Erlass‘ befürchten, keine Anstellung beim Staat zu erhalten. Dieses Schicksal drohte auch Justus Hommel und vermutlich zog er daraus die Konsequenz.
Restitution: Justus bemüht sich um Entschädigung und um Rückerstattung des geraubten Eigentums seiner Familie
Schon kurz nach seiner Rückkehr nach Deutschland bemühte sich Justus Hommel um die finanzielle Rückerstattung des geraubten Familieneigentums. Als ausgebildeter Jurist verzichtete er darauf, sich vertreten zu lassen, wie es bei Restitutionen sonst üblich war. Während er die Geldanlagen seiner Eltern noch gut nachweisen konnte, wurden der Wert der Wohnungseinrichtung sowie der Wert von Schmuckstücken seiner Mutter zum Streitfall. Sein ‚Gegner‘, der deutsche Staat, vertreten durch das Landesamt für Wiedergutmachung, verhielt sich auch Justus Hommel gegenüber so restriktiv wie üblich. Justus Hommel hielt das angebotene Ergebnis der Verhandlungen (Entscheidung des Oberlandes-gerichts Stuttgart vom 25.2.1956) wohl für unangemessen, denn er stellte 1957 einen Nachprüfungsantrag beim Obersten Rückerstattungsgericht in Nürnberg. Dieser Antrag wurde aber abgelehnt.
Ohne vergleichbare Probleme verliefen die Verfahren zur Entschädigung von verfolgungsbedingten wirtschaftlichen Schäden (Einkommensausfälle bei ihm und seinem Vater) bzw. beim beruflichen Fortkommen. Der deutsche Staat weigerte sich aber, Justus Hommel eine Entschädigung für seine Zeit als Zwangsarbeiter in der Schweiz zu leisten.
Als Jurist im (baden-)württembergischen Staatsdienst
Von April 1951 bis zum 1. November 1960 arbeitete Dr. jur. Justus Hommel als Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Vom 1. Dezember 1960 bis zum 31. Oktober 1963 war er als Amtsgerichtsrat, später als Oberamtsrichter Vorsitzender eines Schöffengerichts beim Amtsgericht Stuttgart. Sein letzter Titel, der ihm ehrenhalber zugesprochen wurde, war der eines ‚Amtsgerichtsdirektor i.R.‘. 1964, zeitlich direkt nach seiner Zurruhesetzung, arbeitete Justus Hommel noch ein knappes Jahr für das Landesamt für Wiedergutmachung Stuttgart halbtags als Justizangestellter.
Justus Hommel gehörte zu den wenigen Stuttgarter Juristen jüdischer Herkunft, die nach dem Ende der NS-Herrschaft in Stuttgart in den Staatsdienst traten. Bekannt unter ihnen ist Alfred Marx (1899-1988), ein Kommilitone Justus Hommels an der Uni Tübingen. 1965 veröffentlichte Marx den Text „Das Schicksal der jüdischen Juristen in Württemberg und Hohenzollern 1933 – 1945“, in dem auch Justus Hommels Lebensweg kurz beschrieben wird.
Im Ruhestand
Die gewonnene Zeit im Ruhestand nutzte Justus Hommel als Schriftsteller für sein religionsphilosophisches ‚Lebensthema’: Im Jahr 1971, 29 Jahre nach ‚Das Fürwort der Religion‘, erschien sein zweites Buch, dessen Titel ‚Umkämpfter Glaube‘ lautet, und im Jahr 1976 veröffentlichte er zwei Bücher: ‚Auferstehung und Transparenz’ sowie den als Abschluss der Reihe gedachten Titel ‚Der „souveräne“ Mensch?‘.

Justus Hommel dürfte sich in den intellektuellen Kreisen Stuttgarts eher als Außenseiter erlebt haben: Als überzeugter katholischer Christ unter mehrheitlich evangelischen Christen, als Christ unter Agnostikern oder Atheisten, die im Max-Bense-Kreis über Stuttgart hinaus wirkten. Er verstand seine Befähigung, glauben zu können, als Gabe, so wie andere Menschen sich der Musik öffnen können – oder eben nicht. Im März 1979 starb Justus Ehefrau Emma Hommel und wurde auf dem Pragfriedhof beigesetzt. Zwei Monate später heiratete Justus Hommel, inzwischen 82 Jahre alt, die um 24 Jahre jüngere evangelische Charlotte Conzmann. Womöglich kannte Justus Hommel die gebürtige Stuttgarterin schon seit Jahrzehnten, denn in den Jahren 1947-48 arbeitete die ausgebildete Lehrerin wie er für das Ministerium für Befreiung, in ihrem Fall aber im Verwaltungs-bereich.
Justus Hommels Nachlass
Dr. jur. Justus Hommel, der zuletzt in der Stuttgarter Zeppelinstr. 37B wohnte, starb am 4. Februar 1984 im Stuttgarter Diakonie-Klinikum und wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof im Grab seiner ersten Frau Emma beigesetzt.

Charlotte Hommel starb im September 1990; auch ihr inzwischen aufgelöstes Grab lag auf dem Pragfriedhof.
Nach Justus Hommels Tod begründete seine Witwe Charlotte am 3. Juli 1984 die mit 10.000 DM dotierte ‚Justus-Hommel-Stiftung‘ am Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasium, wo Justus im Jahr 1916 sein Abitur abgelegt hatte.
Der Stiftungszweck lautet: „Im Einklang mit dem ausführlichen Wunsch des Verstorbenen, die Schönheit und Reinheit unserer deutschen Sprache zu bewahren, soll die Auszeichnung demjenigen Schüler nach bestandener Reifeprüfung am Eberhard–Ludwigs–Gymnasium zuerkannt werden, der sich in seinen Aufsätzen und Vorträgen eines besonders gewählten Ausdrucks der deutschen Sprache beflissen hat.“
Seit dem Jahr 2022 wird in Weißenstein/Stadt Lauterstein mit einer Gedenktafel unterhalb des Schlosses an die dort internierten Jüdinnen und Juden gedacht und somit auch an Dr. med. Max Hommel.

ImJahr 2025 ist geplant, an der Stuttgarter Schloßstraße 47 Stolpersteine zum Andenken an die Familie Hommel legen zu lassen.
Für die Unterstützung bei der Recherche zur Familie Hommel danken wir den Stadtarchiven von Stuttgart, Neu-Ulm, Ichenhausen, Thalmässing, Wertingen, Dillingen, Tübingen, Zürich und Luzern, den (historischen) Standesämtern von Stuttgart, Bozen und Bologna, den Universitätsarchiven von Tübingen, München und Frankfurt/Main, der Stuttgarter Friedhofsverwaltung und der Diözese Rottenburg, den Stuttgarter katholischen Kirchengemeinden St. Elisabeth und St. Fidelis, dem Eberhard-Ludwigs-Gymnasium und dessen Förderverein, dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München sowie dem baden-württembergischen Archiv der VVN – Bund der Antifaschist*innen. Eingesehen wurden Dokumente im Staatsarchiv Ludwigsburg, im Hauptstaatsarchiv Stuttgart und in der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart. Wir konnten auf die wichtigen Buchveröffentlichungen von Maria Zelzer und Susanne Rueß zurückgreifen und für die Dokumentation der jüdischen Geschichte Thalmässings sind wir Frau Irmgard Prommersberger dankbar, ebenso Herrn Michael Volz vom pkc-Freudental für die Auskünfte zu Esther Hommels Herkunftsort und -familie. Nicht zuletzt profitierten wir dankbar von Dr. Joachim Hahns großem Wissensschatz. Janina Pinger vom Göppinger Stadtarchiv half geduldig beim Deuten von Sütterlin-Texten. Gerne belegen wir Aussagen im Text mit Quellenangaben.
(16.02.2025 kmr)