Marstallstr. 11 (heutige Jugendarrestanstalt)

…unerwartet rasch von uns gerissen
Wer am 21. Januar 1939 in die Göppinger Zeitung ‘Der Hohenstaufen‘ blätterte, stieß auf die Anzeige vom Tod des Johann Gahr, einem Rentner, der, wie es im Text heißt, “im Alter von 58 Jahren unerwartet rasch von uns gerissen wurde.”

Todesanzeige Johann Gahr

Doch hinter dieser Formulierung verbarg sich kein Krankheits-Schicksal. Zwei Tage zuvor war Johann Gahr verhaftet und ins Göppinger Oberamtsgefängnis eingeliefert worden. ‘Vorbereitung zum Hochverrat‘ wurde dem Göppinger vorgeworfen.

Zu einer Gerichtsverhandlung sollte es aber nie kommen, denn schon am nächsten Tag war Johann Gahr tot. Selbstmord durch Erhängen lautete die offizielle Todesursache. Johann Gahrs Witwe Margarete schrieb dazu 1946 an das Amt für Wiedergutmachung: “Am 20. Januar 1939 bekam ich vom Gefängnis die Nachricht, mein Mann habe Selbstmord verübt, was aber von mir als unglaubhaft bezeichnet werden muss. Auch in der Göppinger Bevölkerung glaubt niemand an diese Behauptung.”

Frau Gahr nannte einige Indizien und kam zu dem Schluss: “Ich bin der Meinung, dass mein Mann beim Verhör ermordet wurde.” Die Enkelin von Margarete und Johann Gahr, Sonja Müller, erinnert sich noch an eine weitere Beobachtung ihrer Großmutter: Johann Gahrs Leiche wies Spuren von Stockschlägen an der Schläfe auf. Wurde Johann Gahr im Göppinger Gefängnis also zu Tode gefoltert? Vieles spricht für einen Mord und wenn wir bis heute keine absolute Gewissheit haben, so liegt es daran, dass die Staatsanwaltschaft in den Jahren nach 1945 anscheinend kein Interesse an einer Aufklärung hatte.

Johann Gahr

Die Vorgeschichte der Verhaftung
Oskar Schneider hieß ein Donzdorfer, der wesentlich dazu beigetragen hat, dass es zur Verhaftung von Johann Gahr und vier weiteren Antifaschisten gekommen ist. Schneider lebte in armen Verhältnissen, dürfte aber einen ausgeprägten Geltungsdrang besessen haben, so mischte er sich öfters bei Streitfällen am Ort ein. Zwar war er kein Mitglied der KPD, scheint sich aber in ihrem Umfeld bewegt und einige Parteimitglieder näher gekannt zu haben, was auch sein Schwager, ein Stuttgarter SA–Mitglied wusste. Von diesem Schwager erhielt der Stuttgarter Gestapo–Beamte Ludwig Thumm den Tipp, Oskar Schneider aufzusuchen, was im Frühjahr 1936 erfolgte. Thumm legte ihm eine Liste von ca. 50 KPD und SPD – Mitgliedern und Unterstützern aus dem Oberamt Göppingen vor und fragte, ob er, Schneider, der Gestapo über diesen Personenkreis berichten wolle.

Nach einer Bedenkzeit fand sich Oskar Schneider dazu bereit. Über seine Motive kann kein abschließendes Urteil gefällt werden. Zwar wurde ihm eine finanzielle Vergütung versprochen und gewährt, es ist aber wahrscheinlich, dass bei Schneiders Entscheidung auch seine Geltungssucht eine Rolle spielte. Im Spruchkammerverfahren nach dem Krieg versuchte Schneider sein Verhalten zu entschuldigen: Er sei unter Druck gesetzt, ihm sei mit der Entziehung des Sorgerechts für seine Kinder gedroht worden. Diese Aussage Schneiders kann wahr sein, lässt sich allerdings aus keiner anderen Quelle belegen.

Bis zum Herbst 1937 leitete Schneider nach eigenen Angaben 12 – 15 Berichte an Thumm weiter. Viel Belastendes scheint darin nicht enthalten gewesen zu sein, immerhin wurde aber die Weitergabe des sogenannten ‘Braunbuchs‘ dokumentiert, einer Schrift, in der über die Rolle der Nazis beim Reichstagsbrand aufgeklärt wurde. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Schneider selbst die belasteten Personen zu dieser Weitergabe angeregt hatte. Ludwig Thumm sammelte diese Denunziationen und leitete sie auch an den Stuttgarter Gestapo – Chef Mußgay weiter. Erstaunlicherweise erfolgten zunächst keine Verfolgungsmaßnahmen. Über die Gründe kann man nur mutmaßen, wahrscheinlich misstraute die Gestapo dem Denunzianten Schneider.

Das gesammelte Belastungsmaterial kam aber 1938, als Ludwig Thumm die ‘Betreuung‘ Schneiders abgegeben hatte, in die Hände seines Stellvertreters Strehle, der veranlasste, dass am 19. Januar 1939 fünf Antifaschisten aus dem Oberamt Göppingen verhaftet wurden: Albert Geiger und Georg Gänzle aus Donzdorf, Wilhelm Geiger und Karl Reichert aus Süßen und eben Johann Gahr aus Göppingen.

Das weitere Schicksal von Karl Reichert ist bekannt: Er kam zunächst für 9 Monate ins KZ Welzheim und wurde anschließend wegen “Vorbereitung zum Hochverrat, Lesen und Weiterverbreiten des ‘Braunbuchs’ “ zu einem Jahr und vier Monate Gefängnis verurteilt.

Da Johann Gahr wegen der gleichen Sache beschuldigt worden war, hätte er im ‘Normalfall‘ eine ähnliche Strafe zu erwarten gehabt, wobei das Nazi–Regime allerdings oft willkürliche Strafen erließ. Von den anderen Verhafteten weiß man zumindest, dass sie nicht zu Tode gekommen sind. Beim Spruchkammerverfahren gegen Schneider wurde der Tod Johann Gahrs nicht thematisiert.

Die Gahrs – eine kommunistische Familie

Margarete, Margareta, Johann und Hans Gahr
(von links)

Johann Gahr, Jahrgang 1880 stammte aus Bayreuth und war in seinen jungen Jahren ein Abenteurer, dessen politisches  Gewissen anscheinend noch nicht entwickelt war. Denn er und ein zweiter Bayreuther meldeten sich als Freiwillige ins Königlich Bayerische Regiment, das beitrug, den ‘Boxer‘ – Aufstand in China blutig nieder zu schlagen.

Johann Gahr stand im Jahr 1900 als gerade Zwanzigjähriger im Dienste der Kolonialmächte. Er blieb nach dem Ende des Kolonialkriegs noch ein weiteres Jahr in China und kehrte erst 1903 nach Bayreuth zurück. Vier Jahre später heiratete der evangelische Johann Gahr die sechs Jahre jüngere und zudem katholische Margarete Krug, zuvor war ihr gemeinsames Kind Christian zur Welt gekommen. Noch in Bayreuth wurde auch der Sohn Hans geboren, während ihr letztes Kind, die Tochter Margarete 1915 in Göppingen zur Welt kam, denn die Familie lebte seit 1909 hier im Württembergischen.

Bei Johann Gahrs ‘Einbürgerung‘ 1912 wurden zwar ‘geringfügige‘ Vorstrafen wegen Körperverletzung und groben Unfugs vermerkt, sie galten aber nicht als Hinderungsgrund, ihn zum ‚Göppinger’ zu erklären.

Die Familie Gahr wohnte zuerst in der Jahnstraße, später in der Mittleren Karlstraße. Johann, ein gelernter Schumacher arbeitete in Göppingen zunächst als Gießereiarbeiter, später in der Faurndauer Schuhfabrik. Kam er an seinem Arbeitsplatz mit der politischen Arbeiterbewegung in Kontakt? Von seiner Frau Margarete weiß man, dass sie 1911 in die SPD eintrat und wahrscheinlich wurde damals auch Johann ein Parteimitglied.

Am Arbeitplatz engagierte er sich als Betriebsobmann – also quasi als Betriebsrat. Von dieser Zeit an galt, wie sich die Enkelin erinnert: “Politik war in der Familie immer sehr wichtig“. 1914: Die Genossen der europäischen Arbeiterbewegung verrieten den Internationalismus und ließen sich gegeneinander in den Krieg hetzen.

Auch Johann Gahr, 34 Jahre alt, entzog sich nicht der Schlächterei. Mit schlimmen Konsequenzen auch für ihn: Er kam als zu 60 % geschädigter Invalide zurück und brauchte seitdem einen Stock zum Gehen. Arbeit in einem Industriebetrieb war ihm nicht mehr möglich, er besann sich auf seinen gelernten Handwerksberuf als Schumacher. Wenigstens hatten die Gahrs soviel gespart, dass sie 1919 das kleine Haus Lange Straße 5 kaufen konnten. Das Ladenlokal wurde an einen Milch- und Käseverkäufer vermietet, bei dem Margarete auch Anstellung fand, Johann betrieb im Hinterhof seine Schumacher – Werkstatt und im ersten Stock lebte die Familie auf 64qm. Armut und Sparsamkeit prägten ihr Leben: Margarete Gahr musste immer nach den günstigsten Angeboten suchen, kaufte oft in jüdischen Geschäften, weil sie sich dort traute, zu handeln, was ihrem Mann manchmal peinlich war. Die bedrückende Lebenssituation der Familie fand ihren Tiefpunkt, als der Sohn Christian, 25 jährig an Tuberkulose starb.


In politischer Hinsicht orientierten sich die Gahrs nach dem Kriegsende neu: Seit 1918 waren Johann und Margarete Mitglieder der KPD und halfen 1920 mit, die Göppinger Ortsgruppe zu gründen. Bis zu ihrem Verbot 1933 hatte die Göppinger KPD zwischen 150 und 200 Mitglieder, freilich bei starker Fluktuation, die auch auf den ständigen Kurswechsel der Partei auf Reichsebene zurückzuführen war. Margarete und Johann Gahr übernahmen Funktionärsaufgaben, die wohl ihre verbliebene Freizeit ausgefüllt haben. Auch in KP – nahe Organisationen wie dem ‘Roten Frontkämpferbund‘ war die Familie eingebunden. Gerade die Existenz dieser Gruppierung verweist auf den neu erwachten Gegner der Arbeiterbewegung: Den Nationalsozialismus.

Die ‚Schlacht am Walfischkeller‘

Hans, Margarete und Johann Gahr (von links)

In den ersten Jahren nach Kriegsende fanden die Nazis in Göppingen wenig Resonanz, im Dezember 1922 wollten sie deshalb im ‘roten‘ Göppingen erstmals groß auftrumpfen. Ein bewaffneter Trupp, darunter der spätere ‘Führer-Stellvertreter’ Rudolf Hess reiste aus München an. Schon an den Vortagen hatte die örtliche Nazi –Gruppe mit Plakaten und Zeitungsanzeigen für die geplante Versammlung im ‘Apostelsaal‘ geworben, der Text-Zusatz ‘Juden haben keinen Zutritt‘ diente als Provokation.

Betty Heimann und Theodor Mayer, beide Mitglieder der jüdischen Gemeinde Göppingen,s wurden beobachtet, wie sie die diskriminierenden Nazi–Plakate entfernten.

Die Göppinger Gewerkschaften sowie die KPD riefen die Arbeiterschaft auf, gegen den Nazi – Aufmarsch zu protestieren, woraufhin der Wirt des Apostelsaals die Zusage, den Nazis seine Räumlichkeit zur Verfügung zu stellen, zurücknahm. Ersatz suchten die angereisten, militärisch auftretenden Nazis im Gasthaus ‘Walfischkeller‘ jenseits der Bahnlinie. Göppinger Arbeiter und jüdische Bürger der Stadt sorgten dafür, dass die Nazis kein Forum für ihre antisemitische Hetze bekamen und besetzten die Jebenhäuser Brücke. Es kam zu handfesten Auseinandersetzungen einschließlich Schusswaffengebrauch und der Tag ging als ‘Schlacht am Walfischkeller‘ in die Stadt- und Landesgeschichte ein.

In den Polizeiprotokollen zu diesem Ereignis erscheint der Name Gahr häufig. Johann Gahr scheint den Arbeiter-Widerstand maßgeblich koordiniert zu haben, er galt als ‘Autoritätsperson‘, mit der auch die Polizei das Gespräch suchte.

Johann Gahr hat noch weitere Spuren in der Stadtgeschichte hinterlassen, z.B. als Mitverantwortlicher eines (nicht genehmigten) Arbeitslosen-Demonstrationszugs, der am 15. Juli 1931 etwa 400 Teilnehmer anzog. In der Folge wurden 17 Personen verhaftet, Johann Gahr musste für zwei Wochen ins Gefängnis, Margarete für sieben Tage. Ein eigentlich nebensächliches Ereignis, ohne schwerwiegende Konsequenzen. Erst aus dem Rückblick bekommt ein Name schreckliche Bedeutung: Gottlieb Hering hieß der Göppinger Kriminaloberkommissar, der als Zeuge gegen Gahr und Genossen auftrat. Hering gehörte damals der SPD an und war in der Zeit der Republik als ‚Nazifresser‘ bekannt. Als die Nazis an der Macht waren, fürchtete er um seine Anstellung und diente sich ihnen mit Erfolg an. Der ‚kleine’ Göppinger Polizist wurde im August 1942 Lagerkommandant des Vernichtungslagers Belzec und setzte seine ‘Karriere‘ als Massenmörder bis zum Ende der NS-Herrschaft fort, was in Göppingen nie thematisiert wurde. Neben dem Protest gegen Armut und Arbeitslosigkeit bestimmte in den 1930er Jahren die Auseinandersetzung mit den erstarkten Nazis das politische Leben der Gahrs. Als Debattenredner forderte er 1931 einen NS-Redner heraus, und sein Name stand als Verantwortlicher unter einem antifaschistischen Flugblatt.

Unter der Herrschaft der Nazis
Schon im März 1933 wurde das Ehepaar Gahr von den Nazis verhaftet und in ‘Schutzhaft‘ genommen. Johann kam in das KZ Heuberg bei Stetten am Kalten Markt. Margarete wurde am 15. März ‘abgeholt‘ und nach Inhaftierungen in den  Frauengefängnissen von Ulm und Stuttgart ins Frauengefängnis Gotteszell / Schwäbisch Gmünd gebracht, wo sie bis zum 21. Januar 1934 eingesperrt war.

Nach dieser massiven Einschüchterung, der eine ständige Überwachung folgte, scheinen die Gahrs zunächst keine Kraft und Möglichkeit zum Widerstand gefunden haben. Außerdem waren sie als Bauherren vom Wohlwollen der NS – Stadtverwaltung abhängig: Am Göppinger Randbezirk ‘Galgenberg‘ begannen sie im Juli 1936 nämlich mit dem Bau eines Zweifamilienhauses. Wenn sich die Fertigstellung bis ins Anfang 1938 hinzog, so hing das auch damit zusammen, dass die Gahrs von der Baubehörde schikaniert wurden.

Anfang 1939, wenige Tage vor der Ermordung ihres Vaters wanderte die ledige Tochter Margarete nach Chicago / USA aus, ein Abschied ohne Wiedersehen.

Rache für die ‚Schlacht‚ von 1922?
Der frühere Göppinger Kreisarchäologe Walter Lang war der erste, der zwischen der ‘Schlacht am Walfischkeller‘ und Johann Gahrs Tod einen Zusammenhang vermutete. Er fand heraus, dass der Göppinger NS–Kreisleiter Johann Baptist sich 1935 die Polizeiakten der ‘Schlacht‘ von 1922 aushändigen ließ. Wollte sich die Göppinger Nazi-Spitze nachträglich ein genaues Bild von Gahrs Rolle verschaffen? Suchten und fanden die Nazis 1939 einen Anlass, sich an Gahr grausam zu rächen?

Nach 1945 gab es zaghafte Ansätze, das Schicksal Johann Gahrs aufzuklären. Im November 1949 schreibt das Göppinger Amtsgericht an die
Landesbezirksstelle für Wiedergutmachung: “Zu erwähnen ist noch, dass die Kriminalpolizei Göppingen z.Zt. Ermittlungen anstellt über den Tod des Johann Gahr. Bei den Vernehmungen in dieser Sache hat der damalige im Amtsgefängnis Göppingen tätig gewesene und seit Oktober 1945 im Ruhestand befindliche Justizoberwachtmeister Keckeisen in Göppingen Angaben gemacht, die später als unrichtig festgestellt worden sind. Im Sommer dieses Jahres hat dann der genannte Justizoberwachtmeister Selbstmord begangen.” Die Ergebnisse der erwähnten Ermittlungen wurden nicht dokumentiert, ein Gerichtsverfahren kam nicht zustande.

Der Leidensweg der Margarete Gahr

Margarete Gahr

Soweit uns bekannt ist, war sie die einzige Göppingerin, die als Kommunistin durch die Hölle des Konzentrationslagers gehen musste. Am 1. September 1939 kam sie erneut in ‘Schutzhaft‘ nach Stuttgart. Nach drei Monaten wurde sie ins KZ Ravensbrück deportiert, wo sie als Revierarbeiterin überlebte – wenn man im KZ von Leben überhaupt sprechen kann. 77 Monate und 26 Tage blieb sie in der Gewalt der Nazis. Es gelang ihnen aber nicht, Magarete von ihrer politischen Überzeugung abzubringen.

Nach der Befreiung war sie umso gewisser, dass nur im Sozialismus ein menschenwürdiges und friedliches Leben möglich wäre. Schon im Oktober 1945 zeigte sie Interesse an den antifaschistischen Frauenausschüssen, die sich 1947 zum Demokratischen Frauenbund Deutschlands zusammenschlossen und dessen Mitglied sie bis zum Verbot im Jahr 1949 blieb.

Bei der ersten Göppinger Gemeinderatswahl im Jahr 1946 kandidierte Margarete Gahr auf der Liste der KPD, wurde aber nicht gewählt.

Nach dem Verbot der KPD im Jahr 1956 wurde 1960 in Stuttgart die Deutsche Friedensunion, DFU, gegründet, insbesondere um die kommunistischen und sozialistischen Kräfte links der SPD zu bündeln.

Bis zur Auflösung der DFU im Jahr 1980 fand Margarete hier eine politische Heimat. Fast selbstverständlich wurde sie auch Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN), denn hier erhielt sie auch juristische Unterstützung bei ihren Bemühungen um Wiedergutmachungsleistungen, denn Margarete Gahr hatte nach der langen KZ – Haft mit körperlichen und psychischen Folgeschäden zu kämpfen.

Nur nach langwierigen Verhandlungen war der deutsche Staat bereit, ihr eine Entschädigung für die erlittene Tortur zu zahlen. Immerhin erhielt sie eine Hinterbliebenenrente, mit deren Gewährung der Staat indirekt anerkannte, dass Johann Gahr von den Nazis ums Leben gebracht worden war, denn im Rentenbescheid vom 26. Februar 1951 steht:” Ihr Ehemann Johann Gahr ist unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgt worden und hat in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verfolgung am 20. Januar 1939 den Tod erlitten.”

Bis 1955 lebte Margarete Gahr in ihrem Göppinger Haus, dann zog sie mit ihrem Sohn Hans und ihrer Enkelin Sonja in die Nähe von Rosenheim, wo sie 1969 mit 83 Jahren starb.

Ehemaliges Oberamtsgefaengnis (heute Jugendarrestanstalt)

Der Stolperstein für Johann Gahr kam vor dem Marstall, der heutigen Jugendarrestanstalt, zu liegen.

Die Initiative Stolpersteine wollte den Todesort Gahrs berücksichtigen und fand dazu das Einverständnis von Gunter Demnig, der am 15. Februar 2008 den Stolperstein ausnahmsweise nicht am Wohnsitz verlegte.

An der Verlegung wirkten die Enkelin von Johann und Margarete Gahr, Frau Sonja Müller und ihr Ehemann mit. Wir danken Frau Müller herzlich für die Informationen und Fotos.

(04.01.2017 kmr)